2 Okt
2014

Manipulation von Akten zur Vertuschung von Fehlverhalten – Kündigung ohne Abmahnung rechtens

Überforderung kann manchmal zu „Verzweiflungstaten“ führen, die alles nur noch schlimmer machen. So geschehen in einem Fall, den das BAG am 23.1.2014 (2 AZR 638/13). Eine Mitarbeiterin einer Uni in Mecklenburg-Vorpommern verspielte ihren unkündbaren Arbeitsplatz durch Manipulation von Akten. Eine vorherige Abmahnung war nicht notwendig.

Manipulation von Akten – Der Fall

Die klagende Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber schon seit 1977 als Sachbearbeiterin tätig. Ab ca. 2009 gab es Probleme in dem Arbeitsverhältnis. Die Frau war gestresst und überfordert. Im Jahr 2009 bekam sie den Arbeitsauftrag, Mülltonnen für 2 Gebäude abzumelden. Ob sie das wirklich getan hat, darüber stritten die beiden Seiten bis zum Schluss. Anfang 2010 bekam die Arbeitnehmerin in einem Mitarbeitergespräch gesagt, dass man mit ihrem Zeitmanagement und ihrer Arbeitsorganisation nicht zufrieden sei. Ein entsprechendes Fortbildungsangebot nahm sie nicht wahr.

Dennoch hatte sie „ihren Laden“ nicht im Griff.

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So bekam der Arbeitgeber im Jahr 2010 insgesamt 16 Abfallgebührenbescheide und Mahnungen wegen der Mülltonnen, die die Frau eigentlich hätte abmelden sollen. Sie reagierte jedoch auf diese Schreiben nicht. Schließlich bekam der Arbeitgeber Anfang 2011 einen Gebührenbescheid über knapp 5.000 Euro. Jetzt wurde der Arbeitgeber stutzig und forschte nach. Die Vorgesetzten der Arbeitnehmerin luden sie zum Gespräch ein. Sie sagte, dass sie die Mülltonnen auftragsgemäß abgemeldet hatte und gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt hätte. Entsprechende Schreiben legte sie vor.

Der Arbeitgeber fand aber heraus, dass der Ausgang dieser Schreiben gar nicht in dem beim Arbeitgeber geführten Postausgangsbuch vermerkt war und eine Nachfrage beim „Empfänger“ der Widersprüche ergab, dass dort nichts eingegangen war. Daraufhin gab die Arbeitnehmerin zu, dass sie die Widersprüche nachträglich erstellt und in die Akte gelegt habe. Sie hatte die Akten also manipuliert, um ihr Fehlverhalten zu vertuschen. Der Arbeitgeber leitete daher das Verfahren zur Kündigung der Arbeitnehmerin ein.

Der Personalrat, der bei der Kündigung die Zustimmung erteilen musste, verweigerte diese. Im daraufhin durchgeführten Einigungsstellenverfahren wurde die Zustimmung des Personalrates durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt und der Arbeitgeber kündigte.

Begründung des BAG

Die Klage der Arbeitnehmerin war in allen 3 Instanzen erfolglos. Dabei machte das Bundesarbeitsgericht ganz besonders deutlich wo genau hier der Pflichtverstoß lag, der die Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich machte:
Nicht die Tatsache, dass die Frau 1 Jahr lang ein Problem (Mülltonnenabmeldung) vor sich her schob, das sich alle ca. 5 Wochen wieder in ihr Bewusstsein drängte (16 Gebührenbescheide und Mahnungen). Das wäre in den Bereich „Leistungsmängel“ und damit in den Bereich der Minderleistung/Schlechtleistung gefallen. Hier wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.

Der Knackpunkt war die Vertuschung von Fehlverhalten durch ein möglichst heimliches Vorgehen und die damit einher gehende Manipulation von Akten. Damit hatte die Arbeitnehmerin das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört und das musste ihr auch ohne vorherige Abmahnung bewusst sein.

Das BAG ließ auch den Hinweis auf die Arbeitsüberlastung nicht gelten, denn spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem der Bescheid über knapp 5.000 Euro beim Arbeitgeber eingetroffen war, hätte sie Farbe bekennen können und wäre mit einem blauen Auge (Abmahnung) davon gekommen.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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