13 Aug
2014

Abmahnung vor krankheitsbedingter Kündigung

Da im Arbeitsleben ein Querschnitt der Gesellschaft anzutreffen ist, haben es Arbeitgeber hin und wieder auch mit Arbeitnehmern zu tun, die schwere psychische Erkrankungen haben, die jedoch mit Therapie und/Oder Medikamenten in den Griff zu bekommen sind – wenn der Arbeitnehmer nur will. Und da liegt der Hase im Pfeffer bei dem vom LAG Hessen am 18.3.2014 (13 Sa 1207/13) entschiedenen Fall. Es war nämlich der Frage nachzugehen, ob es sich bei einer Kündigung um eine verhaltensbedingte und/oder personenbedingte Kündigung handelt oder um beides. Schließlich stellte sich die Frage nach der Notwendigkeit einer Abmahnung vor krankheitsbedingter Kündigung.

Der Fall

Eine Arbeitnehmerin war im öffentlichen Dienst schon 26 Jahre beschäftigt. Sie war über 40 und damit nur noch aus wichtigem Grund kündbar. Die Frau ist psychisch krank gewesen. Sie litt an einer Art Verfolgungswahn und behauptetet unter anderem, dass ihr Arbeitgeber ihr mittels einer drahtlosen Technologie absichtlich Schmerzen zufüge, dass sie nur noch in Kleidung dusche, weil ihr Haus durchleuchtet werde usw. Sie schwärte Kolleginnen und Kollegen an, die ihr übles wollten und hatte das Gefühl alle hätten es auf sie abgesehen. Dies war schon einmal so. Da bekam sie Medikamente und dann traten die Störungen nicht mehr auf. Dann setzte die Frau die Tabletten ab und alles begann von vorn. Man forderte sie auf zum Arzt zu gehen, was sie nicht tat. Sie war aber grundsätzlich zu einem Arztbesuch bereit, setzte dies dann aber nicht in die Tat um.

Der Arbeitgeber kündigte außerordentlich mit sozialer Auslauffrist von 7 Monaten. Die Frau gewann in beiden Instanzen.

Entscheidung: Sonderfall einer Abmahnung vor krankheitsbedingter Kündigung

Die Gerichte sahen zwar schon die Not des Arbeitgebers und hielten das Verhalten der Klägerin auch für kündigungswürdig aber es hätte einer Abmahnung bedurft. Es sei zwar nicht sicher, ob es sich hier um verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe oder um beides handele. Es sei jedoch auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass vor einer personenbedingten Kündigung eine Abmahnung zu erfolgen habe, wenn es sich um ein steuerbares Verhalten handele. Wenn also ein Arbeitnehmer durch eine ärztliche Behandlung oder die Einnahme von Medikamenten seiner Arbeit wieder nachgehen kann, ohne die Kollegen zu belästigen, dann ist das von seinem Willen steuerbar, wenn er noch in der Lage ist, zu entscheiden, zum Arzt zu gehen oder Medikamente zu nehmen. Das war die Klägerin. Der Arbeitgeber hätte also vor der Kündigung abmahnen müssen, dass sie sich nicht in ärztliche Behandlung begeben hat.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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