Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellt sich recht oft die Frage: Wer darf kündigen?
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten eine Kündigung nicht nur hinsichtlich der Kündigungsgründe prüfen. Eine Kündigung kann schon deshalb unwirksam sein, weil Formalien nicht eingehalten wurden.
Für Arbeitgeber kann eine Kündigung, die aus formellen Gründen unwirksam ist, teuer werden:
In den meisten Fällen wird der Arbeitgeber Kündigungen nicht selbst unterschreiben. Er hat dazu Bevollmächtigte. Die müssen aber als solche auch ggü. dem Arbeitnehmer erkennbar sein, sonst ist die Kündigung unwirksam. Das sagt § 174 BGB, der ein fieser Stolperstein für Arbeitgeber ist und in dem es heißt:
„Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.“
Immer wieder Vollmachten ausstellen und damit die Bevollmächtigten ausstatten, kostet Zeit und Geld. Das ist ineffizient und daher zu Recht in der betrieblichen Praxis nicht die Regel.
Das muss es auch nicht werden.
Es muss aber ein effizienter und rechtssicherer Automatismus geschaffen werden. § 174 Satz 2 BGB zeigt die Lösung: Der Arbeitgeber muss einen Weg finden, wie er seinen Mitarbeitern, ständig up to date, mitteilt, wer Kündigungen aussprechen darf.
Eine gute Idee, die (für den Arbeitgeber) aber leider zu kurz griff, war folgende:
Der Arbeitgeber hatte im Arbeitsvertrag wie folgt formuliert:
„Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden..“
Das Bundesarbeitsgericht hatte diesen Fall am 14.4.2011 entschieden (Az.: 6 AZR 727/09) Die Klägerin hatte ein Kündigungsschreiben, das mit „i.V. [Unterschrift] Niederlassungsleiter“ unterzeichnet war und dem keine Vollmacht beigefügt war, erhalten. Den Niederlassungsleiter kannte die Klägerin bis zu ihrer Kündigung nicht und hatte auch keinen beruflichen Kontakt zu ihm. Sie wies die Kündigung daher unverzüglich wegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht zurück und gewann den Prozess.
Warum? Das Bundesarbeitsgericht musste die Frage beantworten, ob es den rechtlichen Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB genügt, wenn im Arbeitsvertrag ein Funktionsträger (Niederlassungsleiter) abstrakt als kündigungsbefugt benannt ist oder ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schon vor Erhalt der Kündigung konkrete Quellen nennen muss, aus denen er erfahren kann, wer genau die kündigungsbefugte Person ist?
Nach § 174 Satz 1 BGB muss ein kündigender Bevollmächtigter eine Originalvollmacht vorlegen, anderenfalls ist die Kündigung unwirksam, sofern der Kündigungsadressat die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. „Unverzüglich“ bedeutet laut BAG-Rechtsprechung max. 5 Tage. Für Arbeitnehmer heißt das: Schnell prüfen lassen, sonst ist diese wertvolle Chance, die Kündigung zu Fall zu bringen, vertan.
Das Zurückweisungsrecht nach § 174 Satz 1 BGB ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt hatte, wer von ihm zur Kündigung bevollmächtigt ist. Dies ist laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann ordnungsgemäß geschehen, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter, wie beispielsweise den Leiter der Personalabteilung, in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist.
Die bloße Übertragung einer derartigen Funktion ist allerdings ein rein interner Vorgang, der den strengen Anforderungen des Gesetzes nicht genügt. Der Empfänger einer Kündigung muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat. Er müsste also vor Ausspruch der Kündigung wissen: „Herr XY ist bei uns Personalleiter.“
Dem Bundesarbeitgericht genügte es nicht, dass im Arbeitsvertrag stand: der Objektleiter/Niederlassungsleiter ist kündigungsbefugt. Es reichte auch nicht, dass der Kündigende auf seine Vertreterstellung (Unterschrift mit i.V. Zusatz) im Kündigungsschreiben hingewiesen hatte. Notwendig wäre es gewesen, wenn den Mitarbeitern und so auch der Klägerin vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden wäre, WER (Vorname, Nachname) aktuell Niederlassungsleiter ist.