Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen sind dazu da, schnell für Rechtssicherheit zu sorgen. Meist stehen sie, wie alle „fiesen Sachen“, ziemlich weit hinten im Arbeits- oder Tarifvertrag. Das LAG Niedersachsen (21.02.2018 – 2 Sa 83/17) hatte in einem Fall von Unterschlagung seitens des Arbeitnehmers über die Reichweite einer Ausschlussfrist zu entscheiden. Es ist in seinem Urteil von der Rechtsprechung des BAG abgewichen. Die Revision ist daher zugelassen worden und wird sicherlich vom Arbeitgeber auch eingelegt werden. Dem ist angesichts des Urteils des LAG die von ihm vorformulierte Ausschlussfrist auf die Füße gefallen.
Ein Busfahrer war mit 2 befristeten Verträgen bei einem Busunternehmen angestellt. Der letzte Vertrag dauerte bis März 2015. Der Arbeitgeber verwendete einen vorformulierten Arbeitsvertrag. Darin war eine Ausschlussklausel folgenden Inhalts enthalten:
„…14. Ausschlußklausel
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.…“ (Anm SF: Hervorhebung von mir)
Der Busfahrer sollte auch Fahrgeld kassieren und hatte dazu eine Erklärung unterschrieben, nach der er sich verpflichtete, die Einnahmen auf ein Konto des Busunternehmers zu zahlen. Seinen Nettolohn konnte er davon abziehen. Er zahlte auch ein bisschen was ein. Aber ein Betrag von rund 13.350 Euro ging der Arbeitgeberin durch die Lappen. Der Busfahrer hatte diesen Betrag angeblich unterschlagen. Er bestreitet dies. Die Arbeitgeberin machte Rückzahlung des vereinnahmten Fahrgeldes im Februar 2016 durch Klage geltend. Das war deutlich später als 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Busfahrer war der Ansicht, er habe zum einen das Geld nicht unterschlagen und zum anderen sei der Anspruch des Arbeitgebers verfallen, weil die Ausschlussfrist ganz klar von „allen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis spricht“.
Das LAG gab dem Busfahrer recht. Die Arbeitgeberin unterlag in der Berufungsinstanz. Das LAG wendete die Ausschlussfrist auf sämtliche mögliche Ansprüche der Arbeitgeberin an, seien es nun Ansprüche aus der Verletzung des Vertrages oder Herausgabeansprüche oder Ansprüche aus unerlaubter Handlung (Unterschlagung. Stichwort: VORSATZ). Anders als das BAG (z.B. 8 AZR 280/12) ist das LAG Niedersachsen der Ansicht, dass von einer solchen, „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ umfassenden Klausel, auch die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Handlung erfasst werden.
Mit anderen Worten: Das BAG „rettet“ Klauseln, die die Haftung für Vorsatz von der Ausschlussklausel nicht ausdrücklich ausnehmen. Eine Unterschlagung wäre dann ein solcher außergewöhnlicher Fall, den die Vertragsparteien nicht im Blick hatten und damit wäre die Klausel nach der Rechtsprechung des BAG wirksam.
Es bleibt dennoch spannend, ob das BAG diese durchaus nachvollziehbare Argumentation mitträgt und seine Rechtsprechung ändert.