AGB und Arbeitsvertrag

AGB und Arbeitsvertrag? Ja, Arbeitsverträge sind Allgemeine Geschäftsbedingungen!

Die Vorschriften im BGB über Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auch auf Arbeitsverträge anzuwenden, wobei jedoch die Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen sind.

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Dies ergibt sich aus § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB.

Foto: inkje / photocase.de

Beispiele:

  • Vertragsstrafe: eigentlich nach § 309 Nr. 6 BGB unzulässig jedoch im Arbeitsrecht zulässig. Beachte aber § 307 BGB (Verbot der unangemessenen Benachteiligung und Gebot der Transparenz)
  • Ausschlussfristen: eigentlich unwirksam nach § 309 Nr. 8 b ee) BGB aber in Arbeitsverträgen zulässig und gang und gäbe. Beachte aber § 307 BGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Vertragsbedingungen, die vom Arbeitgeber (= Verwender) gestellt werden. AGB im Arbeitsvertrag liegen nicht vor, wenn die einzelnen Vertragsbedingungen im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt sind.

Checkliste für AGB und Arbeitsvertrag

  • Vertragsbedingungen?

… sind schriftliche, mündliche und stillschweigende Abreden oder einseitige Erklärungen des Arbeitgebers sowie betriebliche Übungen

  • Vorformuliert?

Daran werden nur geringe Anforderungen gestellt. Vorformuliert ist eine Bedingung, wenn sie für die mehrfache Verwendung vorgesehen ist. Es reicht also schon die einmalige Verwendung. Vorformuliert kann auch „im Kopf“ oder im PC sein. D.h. „Vorformuliert“ muss NICHT schriftlich sein.

  • Vielzahl von Fällen:

Die Absicht desjenigen, der die AGB dem anderen vorlegt, ist maßgebend. Wollte dieser, dass die Vertragsbedingungen mehr als zweimal verwendet werden, dann handelt es sich um eine Vielzahl von Fällen und zwar auch schon bei der ersten Anwendung, wenn es danach keine weiteren gibt. Wichtig ist nur, was er beabsichtigt hat. AGBs liegen auch dann vor, wenn sich der Arbeitgeber für seinen einzigen Arbeitnehmer einen Vertrag beim Arbeitgeberverband, Anwalt oder aus dem Internet besorgt. Auch diese Muster sind für eine Vielzahl von Fällen gedacht.

  • Stellen:

Da das BAG den Arbeitnehmer als Verbraucher ansieht, gilt § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Damit gelten AGB als vom Arbeitgeber gestellt, es sei denn, der Arbeitnehmer führt sie in den Vertrag ein. Doch das wird in der Regel nicht der Fall sein.

Im Arbeitsrecht gilt die Besonderheit, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht gesondert auf die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweisen muss. Die Einbeziehung muss auch nicht besonders vereinbart werden. D.h., AGB werden ganz normal, wie andere Vertragsbedingungen auch, Bestandteil des Arbeitsvertrages. Die AGB können auch konkludent vereinbart werden. Wichtig ist nur, dass bezüglich der Einbeziehung der AGB Einigkeit besteht.

Wann liegen keine AGB im Arbeitsvertrag vor?

„Aber man handelt den Vertrag doch aus!“ werden Sie nun vielleicht denken. Ja, kann schon sein: Rein arbeitsrechtlich betrachtet, gilt eine Vertragsbedingung nur dann als ausgehandelt, wenn der Arbeitgeber die Formulierung ernsthaft zur Disposition stellt und dem Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gegeben wird, seine eigenen Vorstellungen einzubringen.

Die individuelle Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat vor der vorformulierten Regelung immer Vorrang und knackt sogar die in fast allen Arbeitsverträgen vorhandene doppelte Schriftformklausel: „Änderungen bedürfen der Schriftform. Das gilt auch für das Schriftformerfordernis.“

Welche AGB im Arbeitsvertrag fliegen raus?

Foto: gig-pic / photocase.de

  • Überraschende Klauseln

Wenn eine Klausel so ungewöhnlich ist, dass der andere Teil mit so einer Klausel nicht zu rechnen braucht oder die Klausel versteckt an einer Stelle erscheint, die ungewöhnlich ist, dann wird sie nicht Vertragsinhalt. Wer also zum Beispiel eine Ausschlussfrist in einer 2 Seiten langen Regelung über Datenschutzbestimmungen „vergräbt“, der darf sich nicht auf die Ausschlussfrist berufen. Entscheidend ist immer der Einzelfall. Dabei spielen die Vertragsverhandlungen eine Rolle, das, was in der Branche üblich ist und inwieweit vom Gesetz abgewichen wird.

  • Unklare Regelungen

Auch unklare Regelungen gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Was unklar ist, lässt sich ganz einfach heraus finden: Legen Sie die Klausel einfach ein paar Freunden/Geschäftspartnern vor und schauen Sie, wie diese die Klausel interpretieren. Wenn Sie unterschiedliche Ergebnisse bekommen und man sich „trefflich streiten“ kann, was das zu bedeuten hat, haben Sie eine heiße Spur und sollten diese Klausel von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüfen lassen.

  • Unangemessene Benachteiligung

§ 307 Abs. 2 BGB liefert zumindest einen Anhaltspunkt dafür, was unangemessen ist. Eine Klausel ist danach aus 2 Gründen unangemessen:

  1. Wenn sie mit dem wesentlichen  Grundgedanken des Gesetzes, von dem abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
  2. wenn wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist
  • Besondere Klauselverbote

Schließlich sind in § 308 und § 309 BGB noch besondere Klauselverbote katalogisiert. Dabei sind, wie oben schon erwähnt, die Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen.

Was tun, wenn einzelne AGB im Arbeitsvertrag unwirksam sind?

  • Wenn eine AGB im Arbeitsvertrag unwirksam ist, bleibt der Rest des Vertrages bestehen.
  • An die Stelle der unwirksamen Regelung tritt das Gesetz.
  • Wenn es keine gesetzliche Regelung gibt, schaut man, ob der Vertrag ohne die Klausel noch sinnvoll und sachgerecht ist.
  • Würde jedoch ein Festhalten am Vertrag auch nach einer solchen Anpassung für eine der beiden Seiten eine unzumutbare Härte darstellen, dann wird der Vertrag unwirksam.
  • Es gibt keine sogenannte geltungserhaltende Reduktion. Man kann also eine unwirksame Klausel nicht dadurch retten, dass man sie auf ein gerade noch zulässiges Maß zurückstutzt. Doch das Arbeitsrecht wäre nur halb so lustig, wenn es auch davon nicht doch eine Ausnahme gäbe: Der sogenannte „blue-pencil-test“. Dabei wird geprüft, ob eine Klausel teilbar ist, man den unwirksamen Teil wegstreichen kann und ein sinnvoller Rest mit einem eigenständigen Regelungsgehalt übrig bleibt. Ist dies der Fall, dann streicht man den unwirksamen Teil und lebt mit dem verbleibenden Rest weiter.  Bei der Gestaltung von Arbeitsverträge ist daher darauf zu achten, dass man die Klauseln in sinnvolle Teile untergliedert, damit soviel wie möglich erhalten bleibt, falls ein Teil unwirksam sein sollte.

Fazit

Da man quasi alle Arbeitsverträge als AGB bezeichnen kann, gibt es den besonderen Prüfungsmaßstab der §§ 305 BGB. Man sollte daher jede Klausel in einem Arbeitsvertrag auf ihre AGB-Tauglichkeit untersuchen. Insbesondere, wenn eine Regelung ungewöhnlich, „versteckt“ oder verklausuliert erscheint, ist Vorsicht geboten.

Da es mittlerweile eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einzelnen Vertragsklauseln gibt, die teilweise im Fluss ist, empfiehlt es sich, Arbeitsverträge vor der Unterschrift prüfen zu lassen. Dies gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

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