Der Beschäftigungsanspruch im Arbeitsverhältnis ist eine Nebenpflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Er wird oft unterschätzt. Vor allem von Arbeitgebern. Ein aktuelles Urteil des LAG Rheinland-Pfalz (14.3.2017 8 Sa 388/16) stellt plastisch dar, was Arbeitgeber zu beachten haben, wenn sie den Arbeitnehmer suspendieren möchten..
Im öffentlichen Dienst ist es besonders schwer, einem Arbeitnehmer zu kündigen. Nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Lebensalter jenseits der 40 sind Arbeitnehmer nur noch aus wichtigem Grund kündbar. So steht es auch im § 34 Abs. 2 TVöD. Wenn der Arbeitnehmer dann auch noch schwerbehindert ist, scheint eine Kündigung oft unmöglich.
Aus meiner Erfahrung in der Beratung und Vertretung öffentlicher Arbeitgeber weiß ist, dass dies schon zu manchem grauen Haar geführt hat. Dazu kommt es, wenn sich ein Mitarbeiter als „intern schwer vermittelbar“ herausstellt und man keinen geeigneten Job für die betroffene Person findet. So war es in dem Fall, den das LAG RP zu entscheiden hatte auch.
Die Klägerin war 59 Jahre und zu 50 % schwerbehindert. Sie war durch Betriebsübergang im Jahr 2002 in den Dienst der beklagten Stadt gekommen. Die Frau war in EG 5 eingruppiert. Seit Beginn der Tätigkeit dort hat man versucht, sie an 18 verschiedenen Stellen unterzubringen. Eine der Stellen war die Bibliothek. Nach 4 Wochen Einarbeitungszeit hatten die verzweifelten Vorgesetzten der Bibliothek um Versetzung der Frau gebeten, weil es ihr selbst nach so langer Zeit nicht gelungen war, Bücher richtig einzusortieren. Einfachste Tätigkeiten gelangen ihr nicht.
Als sie bei der Poststelle eingeteilt wurde, hatte sie eine so hohe Fehlerquote (Post falsch sortiert), dass man sie auch dort wieder loswerden wollte. Hinzu kam, dass sie sich auch noch patzig verhielt. Sie musste ständig kontrolliert werden, da der Arbeitgeber ansonsten noch mehr Fehler befürchtete. Man stellte sie im Jahr 2013 für mehrere Monate frei und nahm sie dann ins Personalwesen auf. Dort bekam sie wegen Fehlverhaltens eine Abmahnung.
Der Personalleiter fragte bei seinen Mitarbeitern, ob diese nicht Arbeiten hätten, die man der Frau übertragen könne. Dies wurde „abschlägig beschieden“. Der Arbeitgeber sah sich in der Klemme und stellte die Frau unter Fortzahlung der Vergütung frei.
Sie klagte zum einen auf Beschäftigung als Verwaltungsangestellte mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung und hilfsweise auf arbeitsvertragsgemäße Beschäftigung entsprechend der Eingruppierung nach EG 5 zu beschäftigen. Der Arbeitgeber beantragte die Klageabweisung.
Das LAG RP entschied:
Einfach mal freistellen ist kein probates Mittel bei „schwierigen Mitarbeitern“. Ich kann die Verzweiflung des Arbeitgebers durchaus nachvollziehen. Doch ist hier eine Strategie mit mehreren möglichen Ausgängen erforderlich. Und ein langer Atem. Mir ist bekannt, dass gerade im öffentlichen Dienst nicht so gern von Abmahnungen Gebrauch gemacht wird. Jedoch sind diese (fast immer) zwingende Voraussetzung für verhaltensbedingte Kündigungen bzw. für Verhaltensänderungen. Ein Außenstehender kann da oft viel Klarheit bringen.