27 Feb
2017

Hausverbot im Arbeitsrecht

Ein Hausverbot im Arbeitsrecht kann Folgen für den Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers haben. In der Entscheidung des BAG vom 28.9.2016 (5 AZR 224/16) handelte es sich um das Hausverbot, dass der Kunde des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen hatte, der bei dem Kunden eingesetzt war.

Hausverbot im Arbeitsrecht – der Fall

Foto: Seleneos / photocase.de

Der Arbeitnehmer war als Wagenschieber bei seinem Arbeitgeber ausschließlich für dessen Kunden METRO eingestellt. Er verdiente bei einer 26-Stunden-Woche 1000 Euro brutto.

Der Vorarbeiter des Arbeitnehmers teilte diesem am 5.5.2011 mündlich mit, dass er die fristlose Kündigung erhalten werde und am folgenden Tag nicht mehr zur Arbeit kommen müsse. Was der Hintergrund der geplanten und dann auch ausgesprochenen Kündigung war, erfährt man nicht. Der Arbeitnehmer kam dennoch zur Arbeit. Der Betriebsleiter des Kunden METRO war nicht erfreut. Er wies ihm die Tür, woraufhin sich eine lautstarke Auseinandersetzung entwickelte. Im Verlauf des Streits beleidigte der Arbeitnehmer den Betriebsleiter.

Daraufhin erhielt der Arbeitnehmer Hausverbot bei diesem Kunden. NB: Der Kunde METRO war der einzig mögliche Einsatzort dieses Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer bekam die Kündigung und später noch eine. Er klagte und gewann. Schließlich ging es noch darum, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die letzten 3,5 Jahre Lohn wegen Annahmeverzugs schuldet. Er hatte ja die Klagen gegen die Kündigungen gewonnen und daher normalerweise einen rückwirkenden Anspruch auf Bezahlung. Es ging um rund 40.000 Euro.

Annahmeverzug – die gesetzliche Regelung

In § 615 BGB ist folgendes geregelt:

„Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.“
(BGB § 615, beck-online)

Hausverbot im Arbeitsrecht – Die Lösung des BAG

Der Arbeitgeber hatte in den ersten beiden Instanzen verloren. Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies den Fall zur weiteren Sachaufklärung zurück an eine andere Kammer des LAG. Es gab dem LAG mit auf den Weg:

  • Wenn es gar kein Hausverbot gibt, wie vom Arbeitnehmer behauptet, dann hat der einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615, Satz 1 BGB. Ohne das Hausverbot des Kunden hätte sich der Arbeitgeber im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers befunden. Dieser hätte dazu noch nicht einmal seine Arbeitskraft erneut anbieten müssen. Bei einer Kündigung gibt der Arbeitgeber zu verstehen: „Ich will Dich nicht mehr. Bleib weg.“ In diesem Fall muss der Arbeitnehmer nichts mehr machen.
  • Doch: „Hätte, hätte Fahrradkette“. Das LAG hat es offen gelassen, ob das Hausverbot erteilt worden war oder nicht. Es ist dieser Frage nicht nachgegangen, obwohl der Arbeitgeber unter Beweisantritt dazu vorgetragen hatte. Das hätte das LAG nicht tun dürfen, denn das Hausverbot ist der Knackpunkt an diesem Fall.
  • Das LAG war davon ausgegangen, dass im Fall eines Hausverbotes auf jeden Fall § 615 Satz 3 BGB anzuwenden ist, weil der Arbeitgeber in dem Falle das Betriebsrisiko trage. Das sieht das BAG zu Recht anders. Ein Hausverbot ist keine „höhere Gewalt“.
  • Ob der Arbeitgeber im Fall eines Hausverbotes zahlen muss, richtet sich danach, ob der Arbeitnehmer wirklich zu leisten im Stande ist. Er muss nämlich auch leistungsfähig sein und die Arbeitsleistung „zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Art und Weise“ anbieten. Das kann er nicht bei einem Hausverbot, das er selbst erst provoziert hat. Er müsste sich strafbar machen, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen. daher ist er rechtlich daran gehindert, die Arbeitsleistung zu bewirken.
  • Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber es zu verantworten hat, dass der Arbeitnehmer nicht leisten konnte. das LAG hatte diese Idee gehabt, weil der Arbeitnehmer nur für den Kunden METRO eingestellt worden war und damit das Risiko, dass dieser Kunden den Arbeitnehmer zurückweist und der Arbeitnehmer daher nicht mehr eingesetzt werden kann, recht hoch ist. Es ist jedoch nicht per se verboten, einen Arbeitnehmer nur für einen Einsatz bei einem bestimmten Kunden einzustellen. Dies kann auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen.

FAZIT

Ein Hausverbot im Arbeitsrecht kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer bei der Forderung nach Annahmeverzugslohn in die Röhre schaut. Das gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer das Hausverbot durch sein Verhalten verursacht hat.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein

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