Annahmeverzug

Wenn der Arbeitnehmer arbeiten will und kann, der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers aber nicht annehmen will oder kann, dann gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug. Dies regelt § 615 BGB. Ein Annahmeverzug ist beispielsweise gegeben, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung nicht mehr beschäftigt und sich nach Abschluss des Kündigungsschutzprozesses herausstellt, dass die Kündigung unwirksam ist. De facto hat das Arbeitsverhältnis dann die gesamte Zeit (unter Umständen viele Monate oder gar Jahre) weiter bestanden. Andere Beispiele für den Annahmeverzug sind die Suspendierung / Freistellung oder der Ausfall der Arbeit aus wirtschaftlichen Gründen, denn das Risiko „Arbeit zu haben“ trägt der Arbeitgeber (sogenanntes Betriebsrisiko). Die Folge vom Annahmeverzug ist, dass der Arbeitgeber das Gehalt nachzahlen muss.

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Foto: kevinmuenkel / photocase.de

Der Annahmeverzug hat 4 Voraussetzungen:

  • Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses
  • Angebot der Arbeitsleistung
  • Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers
  • Nichtannahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber

Das Angebot der Arbeitsleistung muss dergestalt erfolgen:

  • tatsächliches Angebot: D.h., der Arbeitnehmer sucht die Arbeitsstelle in Arbeitskleidung auf und stellt sich zur Verfügung. Tipp: Der Arbeitnehmer sollte dafür einen Zeugen mitnehmen, der später im Prozess bestätigen kann, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft angeboten hat.
  • ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber erklärt oder zu verstehen gibt, dass er die Arbeitsleistung ohnehin nicht annehmen will
  • Der häufigste Fall ist aber das überflüssige Angebot. Der Arbeitnehmer muss nämlich gar nichts unternehmen, wenn der Arbeitgeber zur Erbringung der Arbeitsleistung eine sogenannte Mitwirkungshandlung vornehmen muss. Diese besteht darin, dem Arbeitnehmer an jedem Tag einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das tut der Arbeitgeber aber dann nicht, wenn er eine Kündigung ausgesprochen hat. Stellt sich deren Unwirksamkeit im Nachhinein heraus, ist dies bitter für den Arbeitgeber.

Dem Arbeitnehmer ist zu raten, trotz der Möglichkeit, den Arbeitgeber auch ohne Angebot der Arbeitsleistung in Verzug zu setzen, dennoch die Arbeitsleistung ausdrücklich anzubieten.

Befreiung vom Risiko des Annahmeverzugs

Arbeitgeber könnten sich vom Annahmeverzugsrisiko befreien, indem sie für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses ein befristetes (Prozess)Arbeitsverhältnis begründen. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Beschäftigungsangebot nicht an, kann das als sogenanntes „böswilliges Unterlassen eines Zwischenverdienstes“ gewertet werden, was den Entgeltanspruch dann entfallen ließe. Ob man ein solches befristetes Arbeitsverhältnis während des Prozesses begründen sollte, ist jedoch gut abzuwägen, denn es kann unter Umständen den Kündigungsgrund torpedieren.

 

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