16 Sep
2016

Arbeitgeber aufgepasst: Ausschlussfristen müssen ab 1.10.2016 neu formuliert werden

Eine aktuelle Entscheidung des BAG  vom 24.8.2016 (5 AZR 703/15) und die Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB machen die Überarbeitung von Ausschlussfristen dringend notwendig.

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Die neuen Vorschriften zu Ausschlussfristen im Einzelnen

Entscheidung des BAG zu Mindestlohnansprüchen in Ausschlussklauseln

In der Entscheidung des BAG ging es um eine Mitarbeiterin eines Pflegedienstes. Sie hatte in ihrem Arbeitsvertrag eine typische Ausschlussklausel, nach der beiderseitige Ansprüche innerhalb einer Frist von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen sind. Der Vertrag wurde im Juli 2013 geschlossen. Sie machte im Sommer 2015 Entgeltfortzahlungsansprüche aus November 2013 gelten. Nach der Ausschlussklausel war das zu spät. Die Frau gewann jedoch in allen 3 Instanzen. Das BAG sagt, warum:

  • Für die Branche gilt die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) und damit auch das Arbeitnehmerentsendegesetz.
  • Die PflegeArbbV ist 2010 in Kraft getreten. Der Arbeitsvertrag wurde danach geschlossen und mit ihm die Ausschlussklausel.
  • In der Verordnung ist eine Ausschlussfrist von 12 Monaten geregelt und im Arbeitnehmerentsendegesetz (§ 9 S. 3) ist geregelt, dass Ausschlussfristen ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag geregelt werden und müssen mindestens 6 Monate betragen.
  • Die Klausel verstieß gegen diese Vorschriften und war damit unwirksam.
  • Arbeitsverträge sind vorformuliert und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen. Daher sind sie auch an § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu messen. Darin ist das Transparenzgebot geregelt. Wenn eine Klausel in einem Arbeitsvertrag nicht klar verständlich ist, dann benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher unwirksam. Die Klausel konnte daher auch nicht für weitergehende Lohnansprüche, die über den Mindestlohn nach dem PflegeArbbV hinaus gingen, gerettet werden. Sie war insgesamt unwirksam.

Auch das im Januar 2015 in Kraft getretene Mindestlohngesetz regelt, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder die Geltendmachung beschränken oder ausschließen insoweit unwirksam sind. Daher dürften auch Ausschlussklauseln, die Ansprüche nach dem MiLoG nicht ausklammern, insgesamt unwirksam sein.

Neuregelung von § 309 Nr. 13 BGB zum 1.10.2016

Diese unscheinbare Regelung hat es ebenfalls in sich:

„§ 309  BGB

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam:

….
13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)
eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Textform i.S.v.§ 126 b BGB oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden;
…“

In Ausschlussklauseln ist in der Regel für die Geltendmachung die Schriftform vorgesehen. Zwar ergibt sich aus § 127 BGB, dass mit „Schriftform“ in diesem Fall auch die Textform gemeint ist, jedoch macht § 309 Nr. 13 BGB in der neuen Fassung deutlich, dass eben in der Ausschlussfrist auch ausdrücklich die „Textform“ als Möglichkeit der Geltendmachung genannt werden muss. Textform bedeutet: Fax oder Email genügt.

Ab wann gelten die neuen Vorschriften

Die Entscheidung des BAG ist für alle Klauseln entscheidend, die nach Inkrafttreten der entsprechenden Vorschriften über einen branchenspezifischen oder den gesetzlichen Mindestlohn geschlossen wurden. Hier heißt es also hurtig nachbessern.

Für die Form der Geltendmachung der Ausschlussfristen gilt: Ab 1.10.2016 müssen neue Arbeitsverträge entsprechende Ausschlussklauseln enthalten.

FAZIT

Auf zum Anwalt. Arbeitsverträge anpassen.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein

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