Wettbewerbsverbote sind die „Challenge“ des Arbeitsrechtlers. Zumindest wird der juristische Geist durch die umfangreiche Kasuistik und die vielen möglichen Abzweigungen und Fallstricke beweglich gehalten. Es ist ein bisschen wie Parcour im Arbeitsrecht. Wenn man es gut macht, kann es auch genau so flüssig aussehen, wie bei einem Parcour-Künstler/Sportler. Wenn nicht … dann geht die Sache zum BAG. Das LAG Hamm hat am 5.6.2015 (10 Sa 67/15) eine kühne Entscheidung getroffen und damit die eigene Rechtsprechung bestätigt. Die Sache ist beim BAG zur Revision (10 AZR 448/15). Bis zur Entscheidung kann es jedoch noch ein Weilchen dauern.
Es stellt sich in der Beratung von Arbeitgebern nicht nur die Frage „ob“ ein Wettbewerbsverbot vereinbart werden soll sondern auch „was“ genau damit erreicht werden soll, welche Zahlungsrisiken sich für den Arbeitgeber ergeben und ob sich diese Risiken durch die Chancen, die sich mit der bezahlten Enthaltsamkeit ergeben, rechtfertigen lassen.
Ein Arbeitgeber hatte von seinen Rechtsanwälten Formulararbeitsverträge (Achtung: AGB-Kontrolle) mit Wettbewerbsverbot, sehr hoher Vertragsstrafe, Geheimhaltungspflicht und salvatorischer Klausel anfertigen lassen, die er dann auch verwendete.
In dem Wettbewerbsverbot war zwar die Verpflichtung enthalten, die Arbeitnehmerin solle 2 Jahre lang nicht beim direkten oder indirekten Wettbewerber arbeiten. Es war jedoch nicht ein Cent Karenzentschädigung vereinbart. Dafür sollte aber im Falle der Zuwiderhandlung gegen das Verbot eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro fällig werden. Das ist, sportlich gesehen, ziemlich unfair. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. In dem Vertrag war auch eine salvatorische Klausel enthalten:
„Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.“
Das Arbeitsverhältnis endete zum 31.12.2013. Die Arbeitnehmerin enthielt sich dem Wettbewerb und machte Karenzentschädigung in Höhe von monatlich rund 600 Euro für den Zeitraum 1.1.2014 – 31.12.2015 geltend. Der Arbeitgeber hatte im März 2014 gesagt, dass die Arbeitnehmerin sich nicht an das Wettbewerbsverbot zu halten brauche. Die Arbeitnehmerin obsiegte beim Arbeitsgericht und auch beim LAG. Die Revision ist zugelassen und auch schon eingelegt.
Argumente des Arbeitgebers:
Argumente des LAG:
FAZIT: Ob die Entscheidung so vom BAG gehalten wird, ist fraglich. Die §§ 74 ff. HGB wurden mit keiner Silbe erwähnt und auch die Karenzentschädigung nicht. Das Schriftformerfordernis gibt es nicht umsonst. Gleichwohl lässt sich die Argumentation des LAG hören. Für die Zeit bis zur Entscheidung des BAG gilt: Entweder gleich richtige WV vereinbaren oder mit dem Risiko leben, dass das BAG das Urteil des LAG hält.