Manchmal fliegen in einem Arbeitsverhältnis richtig die Fetzen. Beide Parteien werden laut und sagen Dinge, die in Streitgesprächen zwar üblich aber unter objektiver Betrachtung nicht ganz so klug sind. Ob dies zur Kündigung ausreicht, hatte am 22.1.2015 (5 Sa 89/14) das LAG Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden. Es hat eine besonnene Entscheidung getroffen:
Die Klägerin ist Leiterin der Tierproduktion bei der Beklagten. Die Beklagte ist eine Genossenschaft, bei der die Klägerin auch Mitglied und im Aufsichtsrat ist. Die Genossenschaft selbst wird von 3 Vorständen geleitet. Die Klägerin ist seit 2003 beschäftigt und war im September 2013 zur Kur. Während der Kur hat sie erfahren, dass ihrem Sohn, der auch bei der Beklagten arbeitet, gekündigt wurde. Ganz Löwenmama rief sie umgehend bei ihrem Arbeitgeber an und verhielt sich „aufgebracht“. Die Äußerungen sind streitig. Sie soll gesagt haben „Man sieht sich immer zweimal.“
Ihr Arbeitgeber war wohl in der Vergangenheit nicht ganz zufrieden mit den Ergebnissen der Abteilung der Klägerin und hatte einen externen Berater kommen lassen, der einige Dinge aufzeigte, die verändert werden sollten. Es fand am 1.10.2013 ein Gespräch statt, an dem auch die Klägerin teilnahm und das am 2.10.2013 ohne die Klägerin fortgesetzt wurde. Der Vorstand beschloss, dass die Vertrauensbasis mit der Klägerin zerstört sei. Daraufhin bot man ihr MÜNDLICH einen Aufhebungsvertrag an. Einen schriftlichen Vertrag gibt es nicht. Der Gesprächsinhalt ist streitig. Die Klägerin gab ihren Schlüssel ab und ging. Jedoch bot sie schon 5 Tage später ihre Arbeitskraft wieder an, die nicht angenommen wurde. Vielmehr stellte der Arbeitgeber flugs einen neuen Leiter Tierproduktion ein – zum 1.11.2013. In dem Gespräch am 1.10.2013 soll die Klägerin zu einem Vorstand gesagt haben:
„Unter der Leitung von Deiner Person kann ich nicht arbeiten.“ „Du schikanierst mich und meinen Sohn, weil wir Dir die Meinung sagen.“ „Du suchst im Unternehmen nur Deinen privaten Vorteil und versuchst, Deine Meinung durchzusetzen.“ „Du bist ein schlechter Leiter.“ „Du wirst auch dafür Deine Strafe bekommen.“
Diese Äußerungen bestreitet die Klägerin. Des Weiteren habe die Klägerin behauptet, sie wolle sich einen neuen Arbeitgeber suchen, weil ihr die Arbeit bei der Beklagten keinen Spaß mehr mache. Daher habe der Arbeitgeber schnell einen neuen Leiter einstellen müssen. Die Klägerin habe schließlich ihren Abkehrwillen kundgetan und dies allein berechtige schon zur Kündigung.
Der Arbeitgeber kündigte am 21.10.2013 zum 28.2.2014. Die Klägerin erhob Klage. Der Arbeitgeber stellte einen Auflösungsantrag. Die Klägerin obsiegte mit der Klage, jedoch löste das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auf. Die Klägerin wehrte sich gegen die Auflösung mit der Beruf8ung. Der Arbeitgeber wehrte sich gegen das Urteil hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung ebenfalls mit der Berufung. Das LAG gab der Klägerin vollumfänglich Recht.
FAZIT: Kurzschlusshandlungen sind immer schlecht. Kündigungen müssen gut vorbereitet sein. Der vorherige Gang zum Anwalt lohnt sich, denn vorliegend ist ein Annahmeverzugslohn in Höhe von rund 50.000 Euro angefallen.