29 Jul
2016

Trennung von Führungskraft – Sprachregelung wann und wie?

Die Trennung von Führungskräften ist oft eine heikle Sache. Sie haben lange Kündigungsfristen und werden in der Regel sofort freigestellt. Nun entsteht auf beiden Seiten der Wunsch nach Erklärungen. Das „Wie genau und mit welchem Inhalt?“ geht dabei verständlicherweise auseinander. Schnellschüsse sind aus Sicht beider Parteien zu vermeiden.

 

 

Für die Führungskraft entsteht mit der Freistellung ein Rechtfertigungsdruck á la „Was sollen die Leute von mir denken?“ Man will sich erklären und ggf. reinwaschen, weil man die weiße Weste ungerechtfertigter Weise befleckt sieht. Die Führungskraft hat Angst davor, dass der „Flurfunk“ mit Gerüchten aufwartet und diese eine Eigenleben annehmen. Es herrscht Angst davor, dass der gute Ruf und damit auch die berufliche Zukunft kaputt gemacht wird. Davor will sich die Führungskraft schützen. Das ist alles verständlich. Rufschädigung ist durchaus eine Gefahr.

Auch der Arbeitgeber wird sich erklären wollen. Schließlich muss er den Mitarbeitern, die von heute auf morgen ohne Chef da stehen, etwas dazu sagen. Er will natürlich seiner eigenen Vorstellung von der Wahrheit so nah wie möglich kommen und keine Unruhe in der Belegschaft. Er will sich nicht vielen Fragen ausgesetzt sehen sondern einmal klar sagen, was Sache ist und fertig.

Doch sollte deswegen ganz schnell und noch bevor man sich, wie auch immer, geeinigt hat, eine schnelle Verlautbarung erzwungen werden? Ich meine, nein.

Wenn zum Beispiel der Arbeitgeber direkt nach einer betriebsbedingten Kündigung seiner Führungskraft vorschlägt, man werde sagen:

„Herr X hat uns um Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Dem sind wir nur ungern nachgekommen. Wir wünschen ihm für seine neuen Herausforderungen alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“,

dann ist das ein ziemliches Ei, was der Führungskraft damit gelegt wird. Wenn die Führungskraft diese Verlautbarung mit trägt, dann torpediert sie sich selbst im Kündigungsschutzprozess, weil sich der Richter fragen würde, wieso jemand klagt, der um Aufhebung gebeten hat.

Wenn es sich wirklich um eine betriebsbedingte Kündigung gehandelt hat, dann ist die Verlautbarung glatt gelogen und kann zu Vertrauensverlust in der Belegschaft führen, denn es kommt doch raus, das umstrukturiert wird. Spätestens wenn den Arbeitnehmern mit kürzeren Kündigungsfristen auch gekündigt wird. Und dann muss man ja auch noch den Betriebsrat anhören. Da wäre dann das Ei, das der Arbeitgeber sich mit einer solchen Sprachregelung selbst legt, denn die Richtigkeit und Vollständigkeit der Betriebsratsanhörung wäre dahin. Das Vertrauen auch.

Hält der Arbeitgeber die Führungskraft für eine Pfeife – Entschuldigung: für einen Low Performer – und gibt er das unverblümt als Grund für den fehlenden Chef an, dann drohen Verleumdungsklage und ziemlich viel Öl im Feuer der Trennung. Es würde teurer als nötig.

Einer vorschnellen Sprachregelung ist mit Vorsicht zu begegnen. Auf beiden Seiten.

Für alle Sprachregelungen gilt:

  • Weniger ist mehr.
  • Der Einzelfall ist entscheidend.
  • Die die Trennung begleitenden Emotionen sollten ihren Niederschlag NICHT in der Sprachregelung finden.
  • Die Sprachregelung sollte dem, was beide Seiten für wahr halten können, sehr nahe kommen.
  • Die Sprachregelung darf sehr gut durchdacht und für alle möglichen Zukunftsszenarien durchgespielt werden.
  • Sie sollte durch einen Anwalt begleitet werden.
  • VOR Ausspruch der Kündigung/Freistellung sollte sich der Arbeitgeber überlegen, wie er diesen Schritt intern erklärt. Er braucht eine Interims-Sprachregelung bis zur Einigung mit der Führungskraft.
  • Die Führungskraft wird unter Umständen „kalt erwischt“. Hier kann man sich zur Not auch mit Krankheit ein paar Tage retten, bis man sich überlegt hat, was man der Belegschaft sagen will – vorerst.
  • Die rechtlichen Möglichkeiten bei Verletzung der Sprachregelung sind begrenzt. Sie scheitern meistens an der Beweisbarkeit – noch ein Argument für eine saubere und faire Trennung.

FAZIT: Sprachregelungen sind sinnvoll, einzelfallabhängig und sollten anwaltlich begleitet werden.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Allgemein Karriereberatung

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