10 Jun
2016

Teambildung, Umstrukturierung, Persönlichkeitsenwicklung – Viel Geld für „Immer noch nicht perfekt“?

Arbeitgeber und Führungskräfte kennen das: Es hat sich einiges an Sand im Getriebe ihres Unternehmens angesammelt, ein paar emotionale und auch arbeitsrechtliche „Dreckecken“ sind entstanden. Es wurde zu wenig Klartext gesprochen, zu wenig die eigenen Erwartungen kommuniziert, zu wenig gelobt oder auch zu wenig konstruktives Feedback gegeben. Abmahnungen, die eigentlich notwendig gewesen wären, wurden nicht erteilt, Versetzungen nicht vorgenommen. Es herrscht dicke Luft unter den Mitarbeitern. Konflikte werden unter den Teppich gekehrt. Mittlerweile sind dadurch ziemlich viele Hügel entstanden, über die Sie und Ihre Mitarbeiter stolpern. Ihnen als Arbeitgeber ist klar: Damit ist jetzt Schluss! Sie sind bereit für die Veränderung!Sie sind selbst reflektiert und schauen auf Ihre eigenen Baustellen und Triggerpunkte auch wenn es im ersten Moment vielleicht ein bisschen ziept und schmerzt. Sie packen es an und gehen zum Coach, zum Anwalt und beschäftigen sich intensiv mit Persönlichkeitsentwicklung. Nun sind  Sie wild entschlossen, dies auch Ihren Mitarbeitern angedeihen zu lassen, weil es sich nicht nur gut anfühlt sondern auch Ihr Unternehmen nach vorne bringen soll. Sie beginnen also mit dem Großreinemachen: Coachs, Trainer, und Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht bilden Ihr Kompetenzteam. Sie analysieren gemeinsam den Ist-Stand und kommunizieren den an Ihre Mitarbeiter. Sie machen klar, dass es nicht darum geht, mit dem Rasenmäher durch die Organisationsstruktur zu fahren. Es geht darum, dass in Zukunft Konflikte direkt angesprochen werden, dass ein Kommunikationskonzept gemeinsam erarbeitet wird und auch die Einhaltung gemeinsam regelmäßig kontrolliert wird. Und, auch das machen Sie sehr, deutlich: Wenn einer gegen den Arbeitsvertrag verstößt, wird dazu in Zukunft auch mal  mit Abmahnung oder Versetzung Feedback und die Chance zur Veränderung gegeben. Nach anfänglicher Skepsis beginnen die Mitarbeiter darauf zu vertrauen, dass diese Maßnahme für jeden Einzelnen Gutes bewirken kann, wenn man sich dem öffnet. Es knirscht in diesem Veränderungsprozess. Es dauert. Es bewegt sich mancher Mitarbeiter schnell und mancher hat sein ganz eigenes Tempo. Sie sind ungeduldig aber dennoch zufrieden, wenn Sie zusehen, wie Ihr für teuer Geld eingekauftes Kompetenzteam gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern mehr und mehr der eingangs erwähnten emotionalen und arbeitsrechtlichen „Dreckecken“ sauber fegen.

Und dann ist da diese eine Führungskraft. Dieser brillante Kopf, dieser Mensch mit Schlüsselqualifikationen, der unverzichtbar ist. Wenn man ihn verlöre, könnte man zwar schon Ersatz schaffen, doch es wäre nie wieder so toll, wie mit ihm. Und ausgerechnet der bewegt sich sehr langsam. Er will nicht so recht mittun. Zum einen ist er bei bestimmten Veränderungsangeboten einigermaßen zugänglich und es gibt Positionen, die für ihn nicht verhandelbar sind. Er ist der letzte und massivste Kritiker der gesamten Maßnahme. Sie sind sauer. Alle tun so schön mit und nur einer lässt sich nicht ganz auf Linie trimmen. Einer tanzt aus der Reihe. Und dann auch noch einer, den man sehr gut sehen kann.

Szenenwechsel: Woher habe ich dieses Bild habe? Lassen Sie mich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern. Auch ich bin eine ungeduldige Perfektionistin. Das ist eine schöne Kombi, die mich weit bringt und bisweilen stolpere ich darüber. Auch ich unterzog mich einer Neustrukturierung. Ich bekam eine Zahnspange. Für 18 Monate sah ich aus, wie ein in die Jahre gekommener Teenager. Der Spaß kostet auch eine Menge Geld. Sagen wir so: Ich hätte mir auch eine Rollex dafür kaufen können. Es dauerte und dauerte. Und da war dieser eine Zahn. Ein Schneidezahn. Er ließ sich vertikal und horizontal bewegen aber die Drehbewegung, die ich gern gehabt hätte, damit es wirklich perfekt ist, machte der einfach nicht mit. Schulmedizin und Alternativmedizin, teure bildgebende Verfahren zur Ursachenforschung brachten nichts. Und nun? Es ist nicht perfekt und es sieht total Klasse aus. Einer tanzt ein Müh aus der Reihe und gerade das macht die Sache so viel angenehmer. Nicht so glattgeschleckt. Das würde meiner Persönlichkeit, die durchaus Ecken und Kanten hat, auch nicht gerecht. Und was wäre denn die Alternative: Kündigen und ersetzen? Das hieße im Fall Zähne: Ziehen und Implantat oder? Nicht schön, die Vorstellung. Verblenden? Das hieße verstecken. Und das kommt bei mir gar nicht in die Tüte!

Sehen Sie und so musste ich heute morgen sehr schmunzeln und bekam richtig gute Laune, als mir klar wurde, dass der Perfektionismus auch mal schweigen darf. Irgendwann ist es gut und dann darf ich mich und dürfen Sie sich daran freuen, was alles gut gelaufen ist im Veränderungsprozess und gerade im Nicht-ganz-perfekten.

Und mal ehrlich. Hat sich Ihre knarzige Führungskraft nicht auch bewegt? Ist er nicht horizontal, vertikal und für seine Begriffe radikal in Bewegung gekommen? Hat er nicht immer die richtigen kritischen Fragen gestellt und verleiht dieser komische Kauz Ihrem Team nicht gerade die Lebendigkeit, die Indivudualität, die Sie als Arbeitgeber und Unternehmen für Mitarbeiter und Kunden attraktiv macht? Dürfen wird nicht vielmehr den Scheinwerfer auf die Dinge richten, die gut gelaufen sind und die feiern anstatt auf das klitzekleine Staubkorn, das beim Großreinemachen auf einem Bilderrahmen liegen geblieben ist?

Falls Sie einen Fachbegriff für das brauchen, was ich gerade beschrieben habe: Im NLP nennen wir es Reframing. Wir geben einer Sache einfach eine andere, positive Bedeutung und lenken die Aufmerksamkeit darauf. Dabei entdecken wir in dem, was sich nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis ändern lässt, die Chance und den Gewinn. Vera Birkenbihl sagte einmal, dass wir vom Gehirnbesitzer zum Gehirnbenutzer werden dürfen. Und mit Ihrem wunderbaren Gehirn können Sie allen Dingen die Bedeutung geben, die Ihnen am besten tut.

By the way: Ich helfe gern und dabei dürfen Sie sich mit mir an meinem nicht ganz perfekten und gerade deshalb bezaubernden Lächeln erfreuen ;-))

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Allgemein Mitarbeiterführung

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