Arbeitgeber im öffentlichen Dienst haben bei der Besetzung von Stellen auf Bewerber/innen mit Behinderung besonders zu achten. Passieren hier Fehler, ist ein Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung nicht selten die Folge. Das LAG Schleswig-Holstein (3 Sa 36/15 vom 9.9.2015) hatte den folgenden Diskriminierungs-Fall zu beurteilen:
Ein öffentlicher Arbeitgeber schrieb einen Ausbildungsplatz zum dualen Studium zur Verwaltungsinformatikerin/-informatiker – Diplom (FH) aus. Die Vergütung hätte rund 800 Euro pro Monat im ersten Ausbildungsjahr betragen. In der Stellenausschreibung war davon die Rede, dass der Bewerber „mindestens vollwertige Fachhochschulreife“ haben sollte und dass das Auswahlverfahren mit einem Eignungstest beginnt. Es heißt in der Ausschreibung weiter, dass vom bestehen des Tests der Fortgang des Auswahlverfahrens abhängig ist.
Der Kläger ist zu 70 % schwerbehindert. Er hat die Fachhochschulreife und legte den Eignungstest ab. Die Nachteile seiner Behinderung wurden ausgeglichen (Einzelraum, mehr Zeit, Betreuung durch eine Mitarbeiterin). Er bestand den Test nicht und wurde daraufhin auch nicht zum Bewerbungsgespräch geladen. Der Arbeitgeber war davon ausgegangen, dass er durch das Nichtbestehen des Tests auch nachgewiesen hat, dass er fachlich offensichtlich ungeeignet ist. Das mag auf den ersten Blick auch so sein, jedoch nur auf den ersten Blick. Der Bewerber klagte. Er sei aufgrund der Missachtung des § 82 SGB IX diskriminiert worden und habe daraufhin einen Anspruch auf Entschädigung nach dem AGG. § 82 SGB IX regelt, dass Schwerbehinderte von öffentlichen Arbeitgebern zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, es sei denn, sie sind offensichtlich fachlich ungeeignet. Der Arbeitnehmer vertrat die Ansicht, dass er die Einstellungsvoraussetzung „Fachhochschulreife“ erfülle und damit zumindest nicht offensichtlich fachlich ungeeignet war. Den Eignungstest hätte der Arbeitgeber nicht als Voraussetzung für die Einladung zum Gespräch wählen dürfen.
So sah das auch das Arbeitsgericht und sprach dem Mann von den 3 eingeklagten Gehältern immerhin 2 zu. Das LAG bestätigte dieses Urteil und der Arbeitgeber musste zahlen. Warum:
Wie hätte sich der Arbeitgeber anders verhalten können: Der Eignungstest hätte zum Teil des Anforderungsprofils gemacht werden können. Dann hätte vorher klar dokumentiert und kommuniziert sein müssen, welche Kriterien zum Bestehen des Tests führen und welche nicht. Dann wären alle Bewerber zum Test eingeladen worden, man hätte den Test ausgewertet und geprüft, ob die genannten Kriterien erfüllt sind und die Tests zu den übrigen Bewerbungsunterlagen gelegt. Dann hätte anhand des Anforderungsprofils zu dem auch der Test gehört, geprüft werden können, ob die Bewerber die formalen Anforderungen erfüllen.