Die Dreistigkeit scheint keine Grenzen zu kennen. Bzw. es menschelt überall. Das Bundesarbeitsgericht hatte am 16.7.2015 (bisher nur PM 36/15, Az.: 2 AZR 85/15) einen Fall entschieden, bei dem man nur den Kopf schütteln kann. Ein IT-Verantwortlicher eines Oberlandesgerichts war unter anderem mit der Bestellung des für die Datenverarbeitung nötigen Zubehörs, z.B. auch CD´s und DVD´s betraut. Der Leiter der Wachtmeisteri des Oberlandesgerichts, also ein Kollege des IT-Verantwortlichen, gab 2013 zu, dass er auf dem dienstlichen Farbdrucker seit längerer Zeit Covers für CD´s herstelle. Daraufhin wurden Ermittlungen eingeleitet. Auf den Festplatten am Rechner des Klägers wurden mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodatein gefunden. Es wurde darüber hinaus ein Programm gefunden, mit dem der Kopierschutz des Herstellers für DVD´s umgangen werden kann. Schließlich wurde festgestellt, dass über einen Zeitraum von 2,5 Jahren über 1000 DVD´s bearbeitet wurden und dazu die DVD´s genutzt wurden, die dienstlich bestellt wurden. Die Prüfung wurde fortgesetzte und weitere (Tausende) Audiodatein gefunden. Der Kläger gab zu, dass er das „gemacht“ habe, was auf dem Rechner gefunden worden war. Später widerrief er. Ihm wurde außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt.
Der Kläger gewann die beiden ersten Instanzen. Das LAG hatte noch bemängelt, dass nicht die Strafverfolgungsbehörden ermittelt hatten sondern nur eine hausinterne Ermittlung stattgefunden habe. Außerdem sei nicht klar, welchen Tatbeitrag der Kläger habe. Des Weiteren seien gegenüber den Kollegen, die auch in die Sache verwickelt waren (für die wurden vom Kläger Kopien angefertigt) keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen worden.
Das beklagte Land obsiegte jedoch in dritter Instanz. Das Urteil des LAG wurde aufgehoben und der Rechtsstreit zu weiteren Sachaufklärung an das LAG zurück verwiesen. Das BAG führt zur Begründung aus, dass es nicht darauf ankomme ob der Kläger alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen hat. Die fristlose Kündigung komme auch deshalb in Betracht, weil der Kläger das raubkopieren seiner Kollegen bewusst erst ermöglicht hat. Es sei auch absolut in Ordnung, dass der Arbeitgeber ohne die Strafverfolgungsbehörden selbst ermittle. Es sei auch irrelevant, ob der Arbeitgeber gegenüber den anderen Mitarbeitern vergleichbare Maßnahmen ergriffen hat oder nicht. Es gibt keine Gleichbehandlung bei der Frage „Kündigung ja oder nein?“.