Jeder Arbeitgeber, jeder Personalleiter und jeder Vorgesetzte kennt das und auch ich habe schon oft darüber berichtet: Ein Mitarbeiter steht quer im Stall. Die Führungskraft des Mitarbeiters sitzt täglich in Ihrem Büro. Sie sind Geschäftsführer, Vorstand oder Personalleiter und sollen bwz. müssen das „Problem“ lösen. Jetzt.
Der Mitarbeiter ist schon 15 Jahre im Unternehmen. Er hat seinen Beruf von der Pike auf gelernt. Vor 2 Jahren hatte er Ambitionen auf die Teamleiterstelle angemeldet. Der Vorgesetzte hatte schon damals Zweifel, ob der Mitarbeiter wirklich zur Führungskraft taugt. Doch es war Not am Mann und die Stelle wurde ihm übertragen. Die Zweifel bekam er nicht gesagt, man wollte ihn schließlich nicht verunsichern. Er bekam aber auch keine Schulung in Führungsarbeit sondern wurde ins kalte Wasser geworfen und befand sich in folgendem Setting:
Die Mitarbeiter sind verzweifelt. Der Chef-Chef sagt heute Hüh, der beförderte Mitarbeiter sagt jetzt Hüh, dann Hott und später wieder macht er eine 180-Grad-Wende, weil er eine neue Idee hat, der er nachjagt, wie ein Kind einem Schmetterling. Seine früheren Kollegen und jetzigen Mitarbeiter können ihm nichts Recht machen, denn in seiner Welt ist er der Profi und sie „nur“ die Quereinsteiger. Er will es ganz genau 150%-ig auch wenn 80% genügen würden. Es brodelt. Er merkt es nicht. Für ihn ist alles super. Die Mitarbeiter jedoch äußern sich auch nicht offen. Sie schlucken, sie murren. Dann naht Rettung durch eine Beurteilungsrunde, in der die Mitarbeiter ihren Vorgesetzten bewerten können. Jetzt bekommt er sein Fett weg. Die Bewertung ist unterirdisch. So schlecht, wie sie nur sein kann. Der beförderte Mitarbeiter ist entsetzt, schockiert und dennoch bereit, für Gespräche.
Der beförderte Mitarbeiter redet mit seinen ehemaligen Kollegen und jetzigen Mitarbeitern. Er hört, es habe nichts mit seiner Person zu tun, sondern mit der Kommunikation. Das erzählt er seinem Vorgesetzten. Dieser nimmt sich die Mitarbeiter nochmal separat zur Brust, ohne Anwesenheit des beförderten Mitarbeiters. Hier ergibt sich ein ganz anderes Bild: Die Mitarbeiter wollen auf gar keinen Fall mehr diesen Teamleiter haben. Sie beschweren sich über seinen Arbeitsstil: Heute so morgen so und übermorgen ganz was Anderes. Sie sagen, dass sie schon gar nicht mehr arbeiten, weil er es sich eh gleich wieder anders überlegt.
Das bekommt der Vorgesetzte des beförderten Mitarbeiters in den falschen Hals: er fühlt sich angelogen vom Teamleiter. Der habe ihm gesagt, es hänge nicht mit seiner Person zusammen und die Mitarbeiter sagen etwas ganz anderes. Eine Kündigung muss her. Sofort. Fristlos. Gesagt getan. Der Teamleiter bekommt nach 15 Jahren Tätigkeit in dem Unternehmen eine fristlose Kündigung. Er versteht die Welt nicht mehr.
Juristisch gesehen ist diese Kündigung das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Sie ist bestenfalls ein Aufschrei und Ausdruck von Hilflosigkeit. Begründet wird sie damit, dass der Mitarbeiter „gelogen“ habe, weil er der Ansicht war, es läge gar nicht an seiner Person sondern an der Kommunikation. Das jedoch hat nur damit zu tun, dass Menschen sich zum einen selbst schützen und dadurch schon mal einen Wahrnehmungsfilter aufsetzen. Zum anderen kann man „es liegt an der Person“ ja auch unterschiedlich interpretieren. Fakt ist, der Mann hatte keine Abmahnungen und auch wirklich keinen Verstoß begangen. Er ist schlicht als Führungskraft ungeeignet aber das berechtigt nicht zu einer Kündigung.
Diese messerscharfe Analyse löst aber das Problem für die Beteiligten nicht. Der Arbeitgeber möchte diesen Menschen nicht mehr beschäftigten und verständlicherweise sein „Problem“ ganz schnell gelöst haben. Der Mitarbeiter sieht sich juristisch im Recht – zu Recht – und will sein Einkommen gesichert haben.
Der Mitarbeiter ist extrem verletzt. Aus seiner Sicht hat er alles richtig gemacht und ist nur ein bisschen gestolpert bei seinen ersten Gehversuchen als Führungskraft. Der Arbeitgeber, der die „Schuld“ beim Teamleiter sucht, hätte vorher viel klarer und genauer arbeiten dürfen. Schon die Beförderung hätte entweder unterbleiben oder befristet werden müssen. Zumindest hätte man mit dem Teamleiter eine Führungskräfteschulung durchführen müssen.
Es wurde auch nicht beachtet, dass der Vorgesetze des Teamleiters komplett anders tickt: Er ist ein Mensch, der schnell zur Sache kommt, Klarheit liebt und Schritt für Schritt vorgeht. Der Teamleiter ist detailorientiert, arbeitet unstrukturiert und liebt die Freiheit. Wenn man das weiß, kann man durchaus miteinander arbeiten. Es wird nicht ohne Reibung gehen doch es kann klappen. In so einer Konstellation ist viel Kommunikation zwischen Teamleiter und seinem Vorgesetzten notwendig.
Dem Mitarbeiter eine fristlose Kündigung vor den Latz zu knallen ist meiner Ansicht nach nicht o.k. Ja, man kann es machen, und wird damit auch Erfolg haben, denn der Mensch ist dann so geknickt, dass er nicht mehr dort arbeiten möchte. Es wird eine Menge Geld kosten. Es wird aber auch Wunden hinterlassen. Beim Teamleiter und auch intern, denn der Umgang mit Mitarbeitern wird intern registriert.
Nun ist es aber aus Verzweiflung eben doch so gekommen. Wie also vorgehen?
Ein solcher Fall ist lehrreich für den zukünftigen Umgang mit „schwierigen“ Mitarbeitern. Klarheit über die eigenen Erwartungen hinsichtlich der Performance des Mitarbeiters, schnelle Kommunikation der eigenen Erwartungen gegenüber dem Mitarbeiter und auch nachfragen, wie genau er es verstanden hat, Klarheit über die Konsequenzen wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden und immer wieder Gesprächsbereitschaft sind die Zutaten für die Prävention. Außerdem sollten die jeweiligen juristischen Möglichkeiten immer vorher geprüft werden. Wenn man sich z.B. bei einer Beförderung nicht sicher ist, dann sollte die Möglichkeit der Befristung unbedingt ins Auge gefasst werden.