14 Jun
2017

Illoyales Verhalten – fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin

Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer haben eine besondere Vertrauensposition im Unternehmen inne. Das Bundesarbeitsgericht hat am 1.6.2017 (6 AZR 720/15) entschieden, dass illoyales Verhalten die fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin rechtfertigt.

Foto: complize 7 photocase.de

Der Fall zur fristlosen Kündigung einer Geschäftsführerin

Die Frau war nicht Geschäftsführerin einer GmbH. Sie leitete einen Verein. Auch große Vereine haben in der Regel eine als „Geschäftsführung“ bezeichnete Stelle, die die operative Arbeit des Vereins und den Verein selbst leitet. Organ des Vereins ist der Vorstand. In den Fall handelte es sich um einen gemeinnützigen Verein. Der Vorstand hieß dort „Präsidium“. Dieses bestand aus einem Präsidenten, 3 Vizepräsidenten und einem Schatzmeister.

Die Geschäftsführerin hatte sich mit dem Präsidenten des Vereins überworfen. Sie hatte Reisekostenabrechnungen des Präsidenten moniert und Überstunden, die sie geleistet hatte waren nicht bezahlt worden. Nun trat die Geschäftsführerin in Kontakt mit einem Rechtsanwalt und besprach mit diesem per Email die Taktik, wie man den Präsidenten am besten zum Rücktritt bewegen könne. Da dieser Emailverkehr Inhalt der Gerichtsakte geworden ist, ist davon auszugehen, dass die Geschäftsführerin diesen Emailwechsel vom dienstlichen Emailaccount aus geführt hat. Dazu kleine Fußnote: NIEMALS mit dem Anwalt über den dienstlichen Emailaccount kommunizieren. DAS IST EIN NO GO!

Der Anwalt der Geschäftsführerin hatte dann in einem Schreiben den Präsidenten aufgefordert, zu den Vorwürfen der Geschäftsführerin Stellung zu nehmen. Die anderen Mitglieder des Prsäsidiums erhielten das Schreiben in Kopie.

Wenige Tage später schickte die Geschäftsführerin an die Buchhalterin des Vereins einen Entwurf eines Schreibens, in dem die Mitglieder aufgefordert werden, eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu fordern, um den Präsidenten abzuwählen. Kurz darauf schrieb sie an alle Mitglieder eine Mail. Sie forderte die Mitglieder darin auf, dass jeder ihr ein Schreiben schicken möge, in dem man sein Unverständnis zu einem bestimmten Schreiben des Präsidenten ausdrücke und die außerordentliche Mitgliederversammlung fordere.

Das Präsidium war erbost und hörte die Klägerin zu diesem Sachverhalt an. Kurz darauf trat ein Vizepräsident zurück. Der Rest des Präsidiums (inkl. Präsident) beschloss dann die fristlose Kündigung der Geschäftsführerin. Hilfsweise wurde ordentlich gekündigt. Danach wurde weiter „gesucht“. Mit Hilfe einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurden weitere – angebliche – Unstimmigkeiten festgestellt und erneut gekündigt.

Die Geschäftsführerin erhob Klage. Sie sah sich vollkommen im Recht. Schließlich hatte sie nur zum Wohle des Vereins gehandelt und dass sei ihre Aufgabe gewesen. Der Verein hielt das Verhalten für absolut illoyal und daher sei auch die fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin ausnahmsweise ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt.

Entscheidung des Gerichts

Das Arbeitsgericht Dresden hatte die fristlose Kündigung wegen Versäumung der Frist für unwirksam gehalten. Die ordentliche sei wirksam. Beide Parteien legten Berufung ein. Das LAG hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Es hielt illoyales und intrigantes Verhalten „an sich“ für geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Insbesondere sei die Vertrauensbasis zum Präsidium zerstört. Das illoyale Verhalten ergebe sich auch aus dem Email-Wechsel mit ihrem Rechtsanwalt (!!). Daraus gehe klar hervor, dass sie Gründe gesucht habe, um den Präsidenten zum Rücktritt zu bewegen.

Schließlich sei sie auch zu weit gegangen, als sie die große Öffentlichkeit gesucht habe. Sie habe eindeutig nicht die Klärung von Unstimmigkeiten zwischen ihr und dem Präsidenten gewollt sondern wollte die Mitglieder zur Abwahl des Präsidenten instrumentalisieren. Überdies sei der öffentliche Vorwurf, der Präsident füge dem Verein Schaden zu, weil er ihr die 270 Überstunden nicht bezahle bzw. das Geld dafür nicht vom Ministerium abrufe, ungeheuerlich. Sie habe absichtlich das Ansehen des Präsidenten in Misskredit bringen wollen. Die Pflichtverletzung sei so massiv, dass eine Abmahnung nicht erforderlich ist.

So sah das wohl auch das Bundesarbeitsgericht, wie der mageren Pressemitteilung zu entnehmen ist.

FAZIT

Auch ein illoyales Verhalten kann zur fristlosen Kündigung führen.

Mit dem Anwalt sollte man privat kommunizieren.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein

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