Betriebsbedingte Kündigungen werden sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern als, gelinde gesagt, unangenehm empfunden. Es kann sein, dass der Arbeitgeber feststellt, dass er mit weniger Personal, das er effektiver einsetzt, das gleiche oder ein besseres Ergebnis erzielt. Er fasst dann den Entschluss, die entsprechenden Arbeitsplätze zu streichen. Auf Arbeitgeberseite kann die betriebsbedingte Kündigung aber auch durch Druck von außen notwendig werden (z.B. Umsatzrückgang). Dieser Fall soll hier betrachtet werden. Juristisch gesehen, sind die Lösungswege bei beiden Fallgruppen gleich, jedoch liegt nach meiner Erfahrung die betriebsbedingte Kündigung aufgrund von Umsatzeinbruch dem Arbeitgeber schwerer im Magen. Für den Arbeitnehmer ist es in jedem Fall ein Schlag ins Kontor. Urängste werden hierbei frei. Nachstehend möchte ich aus Arbeitgebersicht sowohl die juristische Seite als auch die emotionale Seite beleuchten:
Stellen wir uns ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitern vor, das deutschlandweit verteilt 20 Niederlassungen hat, die jeweils mindestens 200 Kilometer auseinander liegen. Es wird klar, dass die Auftragslage mau ist und neue Akquisemodelle noch nicht greifen. Bei der Begutachtung aller Standorte wird deutlich, dass viele Mitarbeiter schon seit längerer Zeit nicht wirklich ausgelastet sind und langsam vor sich hin arbeiten. Es ist gemütlich im Büro. Nun ist ja gegen eine angenehme Arbeitsatmosphäre nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Jedoch sollte zwischen bore out und burn out ein gesunder Mittelweg gefunden werden. Spricht: Die Mitarbeiter sollten ausgelastet sein und entsprechend ihrer qualitativen und quantitativen Fähigkeiten auch eingesetzt werden. Die Geschäftsleitung beschließt, dass man an allen Standorten Leute entlassen wird. Insgesamt mindestens 40 Personen.
Juristisch dekliniert, sieht das Ganze so aus:
1. Was ist die inner-/außerbetriebliche Ursache?
Im obigen Beispielsfall sollte der Umsatzrückgang nicht als Ursache angeführt werden. Dies lässt sich nur schwer darlegen und beweisen. Es ist mühselig. Besser ist es hier, die durch den Umsatzrückgang angestoßene Umstrukturierung und Umorganisation als innerbetriebliche Ursache ins Feld zu führen. In diesem Fall, fällt dieser Prüfungspunkt mit dem nachfolgenden Punkt zusammen.
2. Was ist die daraus resultierende unternehmerische Entscheidung?
Die Geschäftsleitung beschließt den entsprechenden Stellenabbau: Gesellschafterbeschluss darüber, dass an den Standorten 1 bis 20 jeweils 2 Stellen wegfallen.
3. Durch die unternehmerische Entscheidung (Ursache) fällt der jeweils konkrete Arbeitsplatz weg.
Dies muss nachvollziehbar dargelegt und bewiesen werden können.
4. Sozialauswahl
Im obigen Fall handelt es sich um weit verstreute Niederlassungen. Die arbeitgeberseitige Leitung wird jedoch von der Zentrale ausgeübt. Hinsichtlich der Sozialauswahl und der Anwendung des KSchG werden alle Niederlassungen zusammen als „der Betrieb“ gewertet. Die Sozialauswahl hat daher auch „über alles Niederlassungen hinweg“ zu erfolgen.
4.1. Vergleichbarkeit
Hier müssen Arbeitnehmer, die mit den Kündigungskandidaten vergleichbar sind, gefunden werden.
4.1.1. horizontale Hierarchieebene
Nur Mitarbeiter, die sich auf gleicher Ebene befinden, sind miteinander vergleichbar.
4.1.2. Fähigkeiten und Kenntnisse
Aus der Sozialauswahl dürfen Mitarbeiter heraus genommen werden, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten haben bzw, deren Verbleiben zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur notwendig ist. Der Arbeitgeber muss dies darlegen und beweisen
4.1.3. Arbeitsvertrag muss die Versetzung zulassen
Dies kann bei einem Unternehmen, wie im Beispielsfall dazu führen, dass die Mitarbeiter der einzelnen Standorte doch nicht miteinander vergleichbar sind, weil aufgrund der jeweiligen Arbeitsverträge eine Versetzung per einfachem Direktionsrecht gar nicht möglich wäre.
4.2. Abwägung
5. Kündigungskandidat „verliert“ die Sozialauswahl und es gibt keinen vergleichbaren Arbeitsplatz, an den der Kl. Versetzt werden könnte
Hier muss geprüft werden, ob es die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers an einem freien Arbeitsplatz gibt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen Arbeitsplatz zu schaffen oder frei zu machen. Der Arbeitnehmer muss zunächst sagen ob/wo es einen freien Arbeitsplatz gibt. Der Arbeitgeber muss darauf reagieren und sagen, warum der angegebene Arbeitsplatz nicht für den Arbeitnehmer frei ist.
Und die emotionale Seite?
Der Personalleiter schluckt trocken durch. 40 Leute! Meine Güte! Er denkt an die Gespräche, die er führen muss, fühlt sich schlecht, hat Mitleid, weil er auch an die Familien der Mitarbeiter denkt. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass er mit der Kündigung von 40 Leuten 160 Arbeitsplätze retten kann, die sonst ebenfalls gefährdet wären. Er weiß, dass das allein den Kündigungskandidaten überhaupt nicht hilft.
Wie also können die Gespräche gewinnbringend für beide Seiten laufen
Meine Beispiele sind nicht abschließend. Ich werbe jedoch für einen juristisch und psychologisch gut durchdachten, vorbereiteten und begleiteten Trennungsprozess. Gerichte braucht man dann in der Regel nicht bzw. nur kurz. Auch wenn dieser Prozess ebenfalls Geld und Zeit kostet, ist auf beiden Seiten die innere Haltung und Motivation eine andere. Sie ist auf Lösung ausgerichtet und nicht auf schmutzige Wäsche waschen.