30 Okt
2015

Arbeitnehmer muss geschmacklose Werbung seines Arbeitgebers ertragen

Das Direktionsrecht bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers bietet immer wieder Anlass für Streitigkeiten. Dabei ist es wicfhtig, zu wissen, dass der Arbeitgeber seine Weisungen immer einer sogenannten Billigkeitskontrolle unterziehen muss. Das heißt, streng genommen durchläuft der Arbeitgeber bei einer beabsichtigten Weisung 2 Prüfungsstufen:

in der ersten Stufe prüft er, ob seine einseitige Weisung von den Leitplanken des Arbeitsvertrages eingerahmt ist. Wenn er das bejaht, ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob die konkrete Weisung dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Dabei muss der Arbeitgeber seine eigenen bzw. die betrieblichen Interessen gegen die des Arbeitnehmers abwägen. Das läuft im Normalfall blitzschnell ab. Manchmal hakt es jedoch. So in dem Fall, den das Arbeitsgericht Mönchengladbach am 14.10.2015 (2 Ca 1765/15) zu entscheiden hatte. Ein Mitarbeiter eines Kleinbetriebes (weniger als 10 Mitarbeiter) war im Außendienst tätig. Er vertrieb Kaffee und das schon seit 20 Jahren. Der Arbeitgeber wollte seinen Umsatz und seine Bekanntheit ankurbeln und kam auf die glorreiche Idee, das Dienstfahrzeug des Arbeitnehmers so zu lackieren, dass es bei geschlossener Fahrertür so aussah, als sei diese Tür geöffnet und es rage ein nacktes Frauenbein mit einem halb ausgezogenen roten Pumps aus einem Berg Kaffeebohnen. Dem Mitarbeiter war dabei schon nicht ganz wohl. Als sein Dienstwagen dann auch noch rote Radkappen bekommen sollte, reichte es ihm. Er teilte seinem Chef mit, dass er mit dem „Puffauto“ nicht fahren würde. Er bekam die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet worden sei. Der Mitarbeiter sei schon 20 Jahre beschäftigt und habe keine einschlägige Abmahnung bekommen. Daher sei es dem Arbeitgeber durchaus zumutbar, ihn noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beschäftigen. Die ordentliche Kündigung konnte jedoch nicht am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes gemessen werden. Es handelte sich um einen Kleinbetrieb.  Daher blieben dem Gericht nur die allgemeinen Maßstäbe, wie Treu und Glauben, Sittenwidrigkeit der Kündigung etc. Dafür reichte es jeddoch nicht. Der Arbeitnehmer trug noch vor, dass er sich aufgrund seiner hHomosexualität in seiner sexuellen Identität diskriminiert fühle. Doch auch das Argument zog nicht, denn er konnte nicht nachweisen, dass der Arbeitgeber die geschmacklose Lackierung nur aufgebracht hat, um ihn zu diskriminieren.

FAZIT: Schade an dem Fall ist, dass das Gericht nicht den Maßstab des KSchG anlegen konnte. Es wäre interessant gewesen, zu erfahren, ob das Gericht die Weigerung des Arbeitnehmers für gerechtfertigt gehalten hätte. Es ist ein schwieriger Grad, auf dem sich der Arbeitgeber hier bewegt hat. Vermutlich wäre er bei dem Motiv, das noch nicht pornografisch war, sogar damit durchgekommen, da die Darstellung von Frauen in der Werbung als Sexualobjekt leider immer noch en vogue ist.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein

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