19 Feb
2016

Arbeitgeber wertet Browserdaten aus und kündigt

Die private Nutzung des Internets ist verlockend, weil sie auch am Arbeitsplatz schnell und leicht möglich ist. Wenn Arbeitnehmer das Surfen im Internet massiv betreiben, führt dies zu Kosten, weil die Arbeitskraft des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber in der Zeit des Surfens nicht zur Verfügung steht. Wenn ein Arbeitnehmer so exzessiv in der virtuellen Welt unterwegs ist, wie in dem Fall, den das LAG Berlin-Brandenburg am 14.1.2016 (5 Sa 657/16 – derzeit nur Pressemitteilung) entschieden hat, dann will der Arbeitgeber kündigen. Doch der Teufel steckt hierbei im Detail.

Soweit es sich aus den dürren Worten der Pressemitteilung des LAG entnehmen lässt, hat ein Arbeitnehmer innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen ganze 5 Tage lang privat im Internet gesurft. Bei dem Arbeitgeber herrschte ein halbherziges Verbot der privaten Internetnutzung. Das LAG spricht von einer „Überlassung des Dienstrechners zur privaten Nutzung allenfalls in Ausnahmefällen in den Pausen“. Dies ist schon mal ein guter Ansatz. Immerhin kann man die erlaubte Nutzung von der unerlaubten Nutzung dann abgrenzen, wenn es festgelegte Pausen gibt und die Mitarbeiter keine Vertrauensarbeitszeit haben. Wie genau es sich bei diesem Arbeitgeber verhielt, lässt sich der PM nicht entnehmen. Es stellt sich jedoch vielmehr die Frage, wie genau der Arbeitgeber an die Information gekommen ist, dass der Mitarbeiter privat im Internet unterwegs war.

Er hatte die Browserdaten ausgewertet und das Ganze, ohne den Mitarbeiter vorher in Kenntnis zu setzen oder um Erlaubnis zu bitten. Das kann bei Gericht zu einem Beweisverwertungsverbot führen, wenn die erlangten Beweise (hier: Browserdaten) unter Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers erlangt worden sind.

Dies ist für Arbeitgeber – verständlicherweise – oft schwer nachzuvollziehen:

„Ein Mitarbeiter nutzt meine Betriebsmittel für seine Zwecke, ohne mich zu fragen und beklaut mich auch noch um die Arbeitszeit und ich darf es nicht nachprüfen, weil das gegen das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters verstößt?!“

In dem vorliegenden Fall war dem Arbeitnehmer außerordentlich gekündigt worden und der Arbeitgeber hatte beim LAG Recht bekommen und das LAG sagt, warum es so entschieden hat:

  • Es hatte im Vorfeld Hinweise auf eine erhebliche Privatnutzung gegeben und erst danach wurde der Rechner untersucht. der Arbeitgeber hatte also offensichtlich einen begründeten Verdacht bevor er ohne Wissen des Arbeitnehmers in den Rechner spickte. Dies ist wichtig, denn ins Blaue hinein ist eine solche Untersuchung nicht möglich.
  • Es wurde eine Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers vorgenommen. Auf der einen Seite stehen die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers, denn ein Dritter sieht, auf welchen Websites er unterwegs war und dringt damit in die Privatsphäre des Arbeitnehmers ein. Auf der anderen Seite stehen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, zu prüfen, ob der Arbeitnehmer in seiner Arbeitszeit auch wirklich arbeitet.
  • Die Browserverläufe sind zwar personenbezogene Daten des Arbeitnehmers aber das Bundesdatenschutzgesetz lässt eine Missbrauchskontrolle auch ohne Einwilligung des Arbeitnehmers zu .
  • Mildere Mittel standen dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung.

Die Revision zum BAG ist zugelassen.

FAZIT: Die private Nutzung des Internets ist immer wieder Thema, wenn es um Kündigungen geht. Die korrekte Überprüfung und Beweiserhebung durch den Arbeitgeber sollte aufgrund der schwierigen Abgrenzungsfragen im Einzelfall immer durch einen Anwalt begleitet werden.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein

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