11 Jul
2015

Abgelehnter Teilzeitantrag und Änderungskündigung

Ein Arbeitgeber verlor einen Prozess um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung und die Dauer der Arbeitszeit, weil er bei der Ablehnung eines Teilzeitverlangens der Arbeitnehmerin “geschlampt” hatte. Dies hatte das BAG am 20.1.2015 (9 AZR 860/13) entschieden.

Die Arbeitnehmerin hatte Elternzeit bis 11.6.2012. Schon im September 2012 schrieb sie dem Arbeitgeber eine Mail, dass sie am 11.6.2012 wieder kommen werde und dass sie 5×6 Stunden in der Zeit von 8 bis 14 Uhr ohne Pause arbeiten möchte. Sie war Assistenzkraft. Auf diese Mail reagierte der Arbeitgeber nicht. Am 3.2.2012, also 8 Monate später, schickte sie ein Formular für den Antrag um einen Kitaplatz an den Arbeitgeber. Darin hatte sie die Arbeitszeit eingetragen. Arbeitszeitende: 14 Uhr. Der Arbeitgeber unterschrieb den Antrag, strich jedoch jeweils “14 Uhr” durch und fügte handschriftlich montags bis donnerstags “17 Uhr” und freitags “15 Uhr” ein.

Die Frau kam am 11.6.2012 wieder und verließ ihren Arbeitsplatz nicht 17 Uhr sondern 14 Uhr. Sie bekam eine Abmahnung. Sie wiederholte dieses Verhalten und ging erneut schon um 14 Uhr nach Hause. Der Arbeitgeber erteilte ihr eine Änderungskündigung. Sie könne gern in Vollzeit arbeiten, ansonsten wäre das Arbeitsverhältnis beendet. Der Geschäftsführer vertrat die Ansicht, dass eine Assitenzkraft in Teilzeit bei ihm nicht arbeiten könne. Er brauche ständig einen Ansprechpartner für die Kunden. Die Wettberwerber machen das schließlich auch so.

Durch die Missachtung einer einzigen Vorschrift ging der Prozess für den Arbeitgeber verloren. In § 8 Absatz 5 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz heißt es:

“Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit schriftlich abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.”

Die Email, die die Klägerin noch in der Elternzeit an ihren Arbeitgeber geschrieben hatte, galt als Teilzeitantrag. Das war nach Auslegung dieses Schreibens klar. Sie hatte sich hinsichtlich der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit festgelegt und der Arbeitgeber hatte nicht innerhalb eines Monats schriftlich abgelehnt. Somit hatte sich der Teilzeitwunsch der Arbeitnehmerin “zementiert”. Auch der handschriftliche Vermerk des Geschäftsführers auf dem Antrag für den Kitaplatz konnte den Arbeitgeber nicht mehr retten. Somit hatte die Frau zu Recht ihren Arbeitsplatz schon um 14 Uhr verlassen und auch die Abmahnung war hinfällig. Die Änderungskündigung konnte dem Arbeitgeber deswegen nichts mehr nützen, weil er dort Argumente vortrug, die er hätte bei der Ablehnung des Teilzeitantrages vorbringen müssen und sich nun neue Argumente hätte einfallen lassen müssen – so das BAG. Das TzBfG wolle gerade die Vereinbarung von Familie und Beruf fördern und habe dazu ausführliche Regelungen getroffen. Wenn der Arbeitgeber nun im Rahmen dieser Regelungen nicht entsprechend reagiert habe, dann kann er nicht mit einem anderen Instrumentarium des Arbeitsrechts (hier: Änderungskündigung) die Regelungen des TzBfG aushebeln.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Allgemein Blog

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