27 Feb
2014

Zustimmungsverweigerung bei Versetzung

In den letzten beiden Blog-Artikeln war vom Druckmittel „Zustimmungsverweigerung“ des Betriebsrats die Rede. Hier nun eine weitere Entscheidung des BAG zu diesem Thema (BAG 7 ABR 1/12 vom 9.10.2013)

§ 99 BetrVG sieht nicht nur bei Einstellungen sondern auch bei Versetzungen ein Recht des Betriebsrates zur Zustimmungsverweigerung vor:

“ (1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, …. und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. 

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

  1. die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
  2. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer …. sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; ….,
  3. der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
  4. …..

(3) …

  (4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.“

Ein Arbeitgeber hatte seinen Betrieb umstrukturiert und es war ein neuer Bereich entstanden, für den nun eine Führungskraft gesucht wurde. Eine andere Abteilung benötigte einen neuen Abteilungsleiter. Die Stellen wurden intern ausgeschrieben und es bewarben sich einige Arbeitnehmer, darunter auch ehemalige Führungskräfte. Der Arbeitgeber beabsichtige einen ehemaligen Teamleiter (S) zum Abteilungsleiter für die neue Abteilung zu küren und den früheren Chef des Teamleiters (Dr. St.) auch für eine andere Führungsaufgabe vorzusehen. Der Betriebsrat war jedoch der Ansicht, dass die beiden Herren für die Aufgaben ungeeignet seien. Der Betriebsrat deutete an, dass es Probleme zwischen Mitarbeitern der besagten 2 Führungskräfte und den Führungskräften gegeben hatte. Er drückte sich jedoch nur vage aus. 2 Mitarbeiter, die Probleme hatten, waren schon bei dem Arbeitgeber ausgeschieden. Einer war noch übrig, er gehörte zum Team von S.

Der Arbeitgeber beantragte nun beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des S. In dem Schreiben wird ausführlich beschrieben und abgewogen, warum S das Rennen gemacht hat und warum die anderen Bewerber für die Stelle nicht in Frage kamen.

Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung. Begründung war, dass sowohl S als auch die Mitarbeiter in der Abteilung benachteiligt würden. Er verwies dabei auf den Konfliktfall: Dadurch sei deutlich geworden, dass S mit Führungsaufgaben überfordert sei, was diesen benachteilige und dass seine Mitarbeiter durch einem führungsschwachen Chef ebenfalls benachteiligt würden. Der Arbeitgeber nahm erneut Anlauf und erbat die Zustimmung zur Versetzung von S. Er konnte nicht verstehen, wie man von einem Konfliktfall generell auf die Führungseignung schließen wolle und wies im Übrigen darauf hin, dass der Betriebsrat sich konkret zu dem lediglich als „Konfliktfall“ bezeichneten Vorgang nie geäußert hatte – auch auf mehrfaches Nachfragen des Arbeitgebers nicht. Er wies weiter darauf hin, dass auch der besagte Mitarbeiter nichts Konkretes an S auszusetzen hatte. Er habe zwar wechseln wollen, das habe jedoch allein fachliche Gründe.

Der Betriebsrat lehnte wieder ab. Der Arbeitgeber berief sich auf dringende betriebliche Gründe für die Versetzung und versetze den S auf die vorgesehene Stelle. Des weiteren beantragte der Arbeitgeber beim Arbeitgsgericht, die Zustimmung zur Versetzung zu ersetzen und festzustellen, dass dringende betriebliche Gründe für die vorläufige Versetzung vorlagen.

Der Arbeitgeber gewann in allen 3 Instanzen. Zwar habe der Betriebsrat form. und fristgerecht Gründe für die Verweigerung der Zustimmung angebracht. Diese Gründe lägen jedoch nicht vor. Der Betriebsrat hätte konkrete Tatsachen vortragen müssen, warum er Nachteile für die künftigen Mitarbeiter des S befürchtete. Das hat er nicht getan. Der Arbeitgeber ist zwar. so das Gericht weiter, an den Grundsatz zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat gebunden. Aber dieser Grundsatz führt nicht dazu, dass ein Arbeitgeber nebulösen Angaben des Betriebsrates einfach so vertrauen und sich auf dessen Urteil verlassen muss. Auch der Zustimmungsverweigerungsgrund „Nachteile für den zu versetzenden Mitarbeiter“ zog nicht. Zwar hätte „Überforderung“ ohne die Angabe von konkreten Gründen genügt aber nicht gegen den Willen des S. Der muss nicht vom Betriebsrat zwangsbefürsorgt werden.

FAZIT: Der Betriebsrat hätte hier „Butter bei die Fische“ geben müssen und den Konfliktfall genau beschreiben müssen- oder ganz schweigen sollen.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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