4 Mrz
2013

Verhalten des Alleingesellschafters einer GmbH ist der GmbH zuzurechnen

Das LAG Hamm hat am 24.4.2012 (Az.: 14 Sa 175/12, Revision zum BAG eingelegt unter dem Az.: 2 AZR 745/12 – Termin voraussichtlich im Sommer 2013) über folgenden Fall entschieden:

Ein Alleingesellschafter einer GmbH, der KEIN Geschäftsführer der GmbH war, überraschte einen Mitarbeiter bei einem Diebstahl. Der Mann flehte ihn an, aus diesem Verhalten keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Der Alleingesellschafter ließ sich darauf ein. Später erzählte er es dem Geschäftsführer. Der Mitarbeiter bekam die Kündigung. Im Kündigungsschutzprozess berief sich der Mitarbeiter auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Die GmbH hätte im nicht kündigen dürfen, weil der Alleingesellschafter ihm versichert habe, aus dem Diebstahl keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr herzuleiten. In der Tat ist es so, dass man sich als Arbeitgeber nicht widersprüchlich verhalten darf: Man kann nicht an einem Tag sagen „Schwamm drüber“ und später doch noch kündigen. Die Frage war nur, ob die GmbH sich das Handeln des Gesellschafters, der die GmbH  nicht vertritt zurechnen lassen muss.

Gesunder Menschenverstand sagt einem: „Wo ist das Problem. Wenn der Patriarch dem Mitarbeiter verzeiht, dann gibt es daran nichts zu rütteln.“

Doch rechtlich ist die Frage nicht so einfach zu beantworten, ob Handlungen eines Gesellschafters der GmbH der Gesellschaft auch wirklich zuzurechnen sind. Ein Gesellschafter handelt nicht für die GmbH. Er ist nicht ihr Vertreter.

Das LAG Hamm hat dennoch mit einer entwaffnenden Begründung die Zurechnung des Handelns des Alleingesellschafters hergestellt. Es sagte, dass der Alleingesellschafter praktisch wie ein Erfüllungsgehilfe der GmbH handelte (Analogie zu § 278 BGB). Er habe die Macht, die Geschäftsführungsbefugnis vollumfänglich an sich zu ziehen. Er ist ja Alleingesellschafter und das GmbH-Recht gibt ihm diese Macht. Der Alleingesellschafter kann daher „nahezu jede Angelegenheit an sich ziehen und und für andere Organe bindend im Innenverhältnis entscheiden kann…“ (LAG Hamm 14 Sa 175/12). Somit musste sich die GmbH das Verhalten ihres Alleingesellschafters zurechnen lassen. Die Kündigung verstieß daher gegen Treu und Glauben.

FAZIT: Die Entscheidung des LAG Hamm ist zu begrüßen. Man muss jedoch abwarten, was  das Bundesarbeitsgericht dazu sagt.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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