24 Apr
2014

Zeugnis: Kollegen vor Vorgesetzten im sehr guten Zeugnis ist o.k.

Ein Arbeitnehmer hatte in einem Rechtsstreit gegenüber seinem Arbeitgeber ein überdurchschnittlich gutes Zeugnis „erstritten“. Vermutlich gibt es dazu einen gerichtlichen Vergleich in einem Kündigungsschutzverfahren. Der Arbeitgeber erstellte nun dieses hervorragende Zeugnis aber er nannte in der Bewertung des Verhaltens erst die Kollegen und dann die Vorgesetzten. Landläufig gilt das als schlechte Beurteilung eines renitenten Mitarbeiters. So sah es auch der Arbeitnehmer. Er wollte die Zwangsvollstreckung auf Erteilung des im Vergleich zugesicherten hervorragenden Zeugnisses betreiben. 

Dazu hat er einen Antrag auf Erlass eines Zwangsgeldes beim zuständigen Arbeitsgericht gestellt. Das Arbeitsgericht Elmshorn hat jedoch den Zwangsgeldantrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Erteilung des hervorragenden Zeugnisses schon durch Erfüllung erloschen sei. Die Beschwerde des Arbeitnehmers beim LAG Schleswig-Holstein (11.12.2013, 1 Ta 207/13) hatte keinen Erfolg. Das LAG Schleswig-Holstein war der Ansicht, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf hat, dass die Reihenfolge von „sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets einwandfrei“ in „sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war stets einwandfrei“ geändert wird. Der Arbeitnehmer hat zwar behauptet, dass es sich bei dieser Reihenfolge um eine Codierung handele, die eigentlich zum Ausdruck bringen sollte, dass mit seinem Verhalten nicht alles einwandfrei war. Nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein ist die vom Arbeitgeber gewählte Formulierung nicht missverständlich oder doppeldeutig. Die Kammer war auch nicht der Ansicht, dass es der Erfahrung im Geschäftsleben entspreche, dass die vom Arbeitgeber gewählte Reihenfolge ein überdurchschnittliches Zeugnis abwerte. Der Arbeitnehmer hatte dazu auch nichts vorgetragen, sondern nur behauptet, es gäbe diese Erfahrungswerte. Das LAG blieb daher dabei, dass dem Arbeitgeber einzelne Formulierungen nicht vorgeschrieben werden können.

Das LAG Schleswig-Holstein berief sich dabei auch auf ein Urteil des LAG Köln aus dem Jahr 2007 (LAG Köln 10 Sa 482/07). Dort hatte das Gericht auch festgestellt, dass der Arbeitnehmer lediglich die Behauptung aufgestellt hat, die Formulierung schade ihm. Er hatte sie aber nicht bewiesen.

FAZIT: Für Arbeitgeber heißt das: Solange sie nicht doppeldeutig formulieren, kann ihnen die Reihenfolge nicht vorgeschrieben werden. Arbeitnehmer sollten beweisen können, warum eine Formulierung doppeldeutig ist und warum sie ihnen schadet. Im vorliegenden Fall hätte man zumindest Studien suchen können, die den Aussagewert der „richtigen“ Reihenfolge belegen.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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