5 Apr
2011

Widerruf der Dienstwagennutzung

von Dr. Sandra Flämig – Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Immer wieder hat man es in Arbeitsverträgen mit sogenannten Widerrufsvorbehalten zu tun. In denen ist, ganz grob gesprochen, geregelt, dass der Arbeitgeber einseitig eine einmal versprochene Leistung widerrufen darf.

Solche Klauseln sind mit Vorsicht zu genießen.

Das BAG hat am 13.4.2010 (9 AZR 113/09) über eine solche Klausel zu entscheiden gehabt. Auch wenn es in dem Fall um den Widerruf einer Dienstwagennutzung ging, so ist das Urteil auch für andere Fälle interessant (Widerruf bei Gratifikationen, Boni etc.). Das BAG hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zu Widerrufsvorbehalten fest.

Folgendes war passiert:

Eine Arbeitnehmerin (Vertrieb) hatte einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung bekommen. Sie hatte beim Antrag auf Überlassung des Dienstwagens angegeben, dass sie 166 Reisetage und 44.000 dienstlich gefahrene Kilometer haben würde. Tatsächlich waren es 55 Reisetage und 30.000 dienstlich gefahrene Kilometer.

Im Arbeitsvertrag wurde auf die sogenannte „Konzern-Car-Policy“ und auf den dort vereinbarten Widerrufsvorbehalt hingewiesen. Im Falle des Widerrufs sollte auch kein Ausgleich gezahlt werden.

In der Car-Policy stand nun, dass Dienstwagen dann zur Verfügung gestellt werden, wenn es unter Markt- und Wirtschaftsgesichtspunkten sinnvoll ist. Weiter war geregelt, dass die Dienstwagennutzung widerrufen wird, wenn die Überlassung aus Markt- und Wirtschaftsgesichtspunkten nicht mehr sinnvoll ist.

Die Mitarbeiterin hatte die Dienstwagennutzung widerrufen bekommen und klagte nun auf Nutzungsausfall in Höhe von 1 % des Listenpreises pro Monat für die Zeit des Nutzungsausfalls und Überlassung eines Dienstwagens für die Zukunft. Der Widerruf wurde damit begründet, dass die Wirtschaftlichkeitsüberprüfung ergeben habe, dass die Wirtschaftlichkeitskriterien nicht erfüllt seien.

Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam ist. Sie ist zu intransparent, d.h. unklar und benachteiligt die Arbeitnehmerin daher in unangemessener Weise.

Eine Widerrufsregelung muss, um den Anforderungen des BAG zu genügen:

– klar und verständlich sein

– darf den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen

– muss selbst erkennen lassen, dass der Widerruf nicht ohne (triftigen) Grund erfolgen darf

– angemessen und zumutbar für den Arbeitnehmer sein (Schließlich wird ihm durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers vom Gehalt etwas weggenommen, was beide Parteien einmal vereinbart hatten – der Dienstwagen ist immerhin Gehaltsbestandteil.)

Ein Widerruf ist daher nur dann möglichwenn es einen nachvollziehbaren und anerkennenswerten sachlichen Grund dafür gibt. Dies muss sich auch schon aus der Klausel selbst ergeben. D.h., der Arbeitnehmer muss beim Lesen des Arbeitsvertrages erkennen können, in welchen Fällen ein Widerruf der Dienstwagennutzung auf ihn zukommen kann.

Im vorliegenden Fall war die Klausel zu weit gefasst, denn nicht nur Gründe der fehlenden Wirtschaftlichkeit waren als Widerrufsgrund nach der Klausel denkbar, sondern auch „Gründe des Marktes“.

„Gründe des Marktes“ kann aber nun Vieles sein, z.B. Arbeitsmarktgründe, Verhältnis zur Konkurrenz etc. Auch „Wirtschaftsgesichtspunkte“ sind zu weit gefasst, denn dort kann es auch um mehr Profit oder Kostensenkung gehen.

Die Arbeitnehmerin gewann somit ihren Prozess.

Der Arbeitgeber hätte demnach mehr Chancen gehabt, wenn er als Widerrufsgrund „fehlende Wirtschaftlichkeit der Dienstwagenüberlassung“ vereinbart hätte. Aus dieser Klausel hätte die Arbeitnehmerin auch vorhersehen können, wann sie ein Widerruf treffen kann.

Es lohnt daher für Arbeitgeber, Widerrufsklauseln vor Abschluss mit dem Arbeitnehmer prüfen zu lassen. Arbeitnehmer sollten Widerrufe von einmal versprochenen und gewährten Leistungen immer auf Rechtmäßigkeit prüfen lassen.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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