23 Nov
2010

Wer klaut fliegt – ist das noch so einfach?

von Dr. Sandra Flämig – Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

„Emmely“ hat gewonnen. Zumindest den Arbeitsrechtsprozess vor dem Bundesarbeitsgericht.

Nachdem die beiden Vorinstanzen die Klage der Verkäuferin, der wegen des Verdachts der Unterschlagung zweier Kassenbons fristlos gekündigt worden war, abgewiesen hatten, bekam sie beim Bundesarbeitsgericht Recht. Ob sie damit wirklich gewonnen hat, ist zweifelhaft. Spaß machen wird der Job nach dem ganzen Rummel um ihre Person und dem Widerwillen, mit dem sie „zurückgenommen“ wird, nicht mehr. Aber darum soll es hier nicht gehen, wenngleich das ein wichtiger Punkt ist, den man sich in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten überlegen sollte.

Das Bundesarbeitsgericht war zwar mit den Vorinstanzen auch der Ansicht, dass an sich ein Grund vorgelegen hat für eine fristlose Kündigung. Jedoch habe der Arbeitgeber die Interessen zwischen ihm und der Arbeitnehmerin nur unzureichend abgewogen. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass das Arbeitsverhältnis 30 Jahre störungsfrei verlaufen sei. Im Falle „Emmely“ hätte eine Abmahnung gereicht. Außerdem sei dem Arbeitgeber nur ein geringfügiger wirtschaftlicher Schaden entstanden.

Die Interessenabwägung ist ein interessanter Punkt, den es näher zu betrachten gilt. Das Bundesarbeitsgericht sprach von einem 30 Jahre störungsfrei verlaufenen Arbeitsverhältnis. Man reibt sich die Augen: Wenn jemandem wegen einer solchen „Lappalie“ gekündigt wird, dann muss dem vorher einiges an Konflikt vorausgegangen sein, was sich entweder arbeitsrechtlich nicht greifen ließ oder wo man schlicht versäumt hat, arbeitsrechtlich zu handeln. Wenn der Arbeitgeber also jahrelang die Augen verschließt und nie eine Abmahnung ausspricht, dann sieht das für ein Gericht nach „störungsfrei“ aus, obwohl der Arbeitgeber genau weiß, dass es anders ist. Es kann aber auch Konflikte geben, die sich juristisch nicht einfangen lassen. Die muss man dann entweder durch Mediation angehen oder sich fair trennen. Auf einen Kassenbon nach 30 Jahren wird man als Arbeitgeber in Zukunft nicht mehr bauen können.

Es bietet sich daher an, schon frühzeitig Störungssignale wahrzunehmen und denen gemeinsam mit dem Mitarbeiter entgegen zu wirken oder auch mal eine Abmahnung zu erteilen.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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