9 Dez
2010

Weihnachtsgeld trotz Freiwilligkeitsklausel

von Dr. Sandra Flämig – Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Arbeitgeber müssen bei der Formulierung sogenannter Freiwilligkeitsklauseln genau arbeiten. Freiwilligkeitsklauseln in Arbeitsverträgen sollen das Entstehen betrieblicher Übungen verhindern. Arbeitgeber wollen sinngemäß ausdrücken: „Auch wenn ich Euch mehrmals hintereinander ein Weihnachtsgeld zahle, heißt das nicht, dass Ihr das immer bekommt.“ Warum will der Arbeitgeber dies regeln und warum ist es grundsätzlcih vernünftig aus seiner Sicht? Ganz einfach, wenn ein Arbeitgeber eine Leistung mindestens 3 Mal hintereinander gewährt entsteht eine sogenannte betriebliche Übung und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf die Leistung. Der Arbeitgeber kommt von der betrieblichen Übung nur durch Änderungskündigung oder Änderungsvertrag wieder weg.


Das Bundesarbeitsgericht jedoch ist streng. Am 8.12.2010 hat es einen Arbeitgeber erneut in die Schranken gewiesen. Ein Arbeitgeber hatte folgende Klausel im Arbeitsvertrag verankert:

„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

Der Arbeitgeber wollte nach mehrmaliger Zahlung von Weihnachtsgeld plötzlich nicht mehr zahlen. Das BAG entschied, dass die obige Klausel zu intransparent ist und sprach dem Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld zu.

Was ist faul an der Klausel? Es wird nicht klar, dass kein Rechtsanspruch entstehen soll und durch die Formulierung „jederzeit widerrufbar“ wird zusätzlich Verwirrung gestiftet. Wenn nämlich etwas widerrufen werden muss, muss es vorher einen Anspruch gegeben haben. Eine Freiwilligkeitsklausl will aber einen Anspruch gar nicht erst entstehen lassen. Die Klausel ist also ein arbeitsrechtliches Kuddelmuddel.

Das BAG hat Freiwilligkeitsklauseln bislang dann bestehen lassen, wenn sie wie folgt formuliert waren: „Die Leistung von zusätzlichen Gratifikationen erfolgt freiwillig und begründet daher keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“ Es ist davon auszugehen, dass das neue Urteil daran nichts ändert und dass diese Klausel weiterhin wirksam ist. Eine solche Formulierung ist eindeutig, denn es wird klar, dass kein Rechtsanspruch entstehen soll. Näheres wird man erst wissen, wenn das Urteil im Volltext zur Verfügung steht. Bislang gibt es nur die Pressemitteilung.

Jedoch muss der Arbeitgeber auch bei korrekten Freiwilligkeitsklauseln aufpassen. Er kann nicht kurz vor der eigentlichen Auszahlung seinen Mitarbeitern sagen, dass es in diesem Jahr kein Weihnachtsgeld gibt. Will einer 2010 kein Weihnachtsgeld zahlen, hätte er das Anfang Januar sagen müssen. Sagt er es erst jetzt, dann muss er 2010 noch zahlen, aber 2011 nicht mehr.

Das Thema Freiwilligkeitsklauseln udn Widerrufsvorbehalte ist ein ziemlich verwirrendes. Es lohnt sich auf jeden Fall eine Prüfung der eigenen Klauseln durch einen Anwalt.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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