Seit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz keine Grenzen für die Dauer der Überlassung mehr geregelt sind, ist man als Rechtsanwender (Verleiher, Entleiher, Arbeitnehmer, Rechtsanwalt, Behörde, Gericht etc.) mit der Formulierung „vorübergehende Überlassung“ konfrontiert. Doch was ist „vorübergehend“ im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und was sind die Konsequenzen eines Verstoßes? Das Bundesarbeitsgericht entschied am 10.7.2013 (7 ABR 91/11) einen Fall, in dem die Frage „Was ist vorübergehend?“ eine Rolle spielte. und auch das LAG Baden-Württemberg hatte am 22.11.2012 schon über diese Frage zu entscheiden (11 Sa 84/12). Für Entleiher sieht diese Rechtsprechung nicht gut aus: Verstöße gegen das Verbot der nicht nur vorübergehenden Überlassung führen ggf. zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer und der Betriebsrat hat das Recht, die Zustimmung zum dauerhaften Einsatz von Leiharbeitnehmern zu verweigern.
Was bedeutet „vorübergehende Überlassung“?
In den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ging es darum, dass sich Betriebsrat und Arbeitgeber darum stritten, ob einer Einstellung von Leiharbeitnehmern zuzustimmen sei. Der Betriebsrat berief sich dabei auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, in dem es heißt:
„…Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
das Gesetz, gegen das der Arbeitgeber mit der Einstellung eines Leiharbeiters verstoßen würde ist § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, in dem es heißt:
„…Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend….“
Bislang war umstritten, ob es sich bei dieser Vorschrift um ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 handelt. Das BAG hat nun entschieden: § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ist ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die Folge ist: Wenn die geplante Überlassung des Leiharbeitnehmers nicht mehr vorübergehend ist, dann darf der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung verweigern, denn § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG untersage die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. Die gesetzliche Vorschrift im AÜG soll verhindern, dass die Belegschaft in Stammarbeitnehmer und Leiharbeitnehmer gespalten wird. Außerdem sollen Leiharbeitnehmer geschützt werden. Eine zeitliche Grenze zog das BAG leider nicht. Es hat also nicht geklärt, was „vorübergehend“ bedeutet.
Einen Anhaltspunkt gibt es dennoch: In dem zu entscheidenden Fall sollte die Leiharbeitnehmerin ohne zeitliche Begrenzung an Stelle einer Stammarbeitskraft eingesetzt werden. Dies sei nicht mehr vorübergehend.
Sollen Stammarbeitsplätze durch Leiharbeitnehmer auf unbestimmte Zeit besetzt werden, so handelt es sich nach dieser Rechtsprechung um verbotene Arbeitnehmerüberlassung. Der Einsatz ist in diesem Fall nicht mehr vorübergehend.
Das LAG Hessen gibt in einem Beschluss vom 21.5.2013 (4 TaBV 298/12) einen weiteren Anhaltspunkt: Es ist nicht nur erforderlich, dass Stammarbeitskräfte nicht dauerhaft durch Leiharbeiter ersetzt werden dürfen. Der Vertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und seinem Arbeitgeber (Verleiher) muss die Dauer der Überlassung auch deutlich übersteigen.
Welche Rechtsfolge ergibt sich, wenn die Überlassung NICHT vorübergehend war oder sein soll?
Zum einen ergibt sich daraus für den Betriebsrat die Möglichkeit, der Einstellung des Leiharbeitnehmers zu widersprechen.
Das LAG Baden-Württemberg hatte es aber mit einem für den Entleiher ungleich dramatischeren Fall zu tun: Der Leiharbeitnehmer hatte gegen den Entleiher geklagt. Er wollte, dass das Arbeitsgericht feststellt, dass zwischen ihm und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Er leitetet diese Rechtsfolge davon ab, dass seine Überlassung an den Entleiher nicht vorübergehend gewesen sei. Daraus folge, das es sich um ein gesetzliches Verbot handele, dass zwischen ihm und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis entstanden ist.
Er bezog sich dabei auf § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG, in dem es heißt:
„…Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen;….“
Der in dieser Vorschrift in Bezug genommene § 9 Nr. 1 AÜG lautet wie folgt:
„Unwirksam sind:
1.Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat,…“
So richtig passen will das nicht. Der Verleiher hat ja eine Erlaubnis. Er verstößt also nicht gegen das Gebot der Erlaubnispflicht. Daher kann der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher auch nicht unwirksam sein und es kann demzufolge auch nicht ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer entstanden sein.
Das LAG Baden-Württemberg hat dem Leiharbeitnehmer dennoch Recht gegeben. Es hat § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG analog angewendet. Der Entleiher hat nun einen neuen Arbeitnehmer. Die Begründung leuchtet ein: Der Gesetzgeber wollte dauerhafte Überlassung nicht. Man müsse daher, so das LAG Baden-Württemberg, den Fall der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung dem der illegalen (d.h. ohne Erlaubnis) gleich setzen. Es geht noch weiter: Ein dauerhaft geplanter Einsatz eines Arbeitnehmers bei einem Entleiher sei schon begrifflich gar keine Arbeitnehmerüberlassung mehr sondern Arbeitsvermittlung. Bei Arbeitsvermittlung entstehe ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher. Das LAG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie das BAG entscheidet.