16 Jan
2015

Vorhandene Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und Scheinwerkvertrag – LAG Baden-Württtemberg

Seitdem Werkverträge wieder einmal hart auf dem Prüfstand stehen, weil einfach nicht gelebt wird, was auf dem Papier steht, hat die Arbeitnehmerüberlassung Konjunktur. Gemeint ist nicht die „normale“ Zeitarbeit, die durch klassische Zeitarbeitsfirmen angeboten wird. Es geht vielmehr um den großen Bereich der Dienstleistungsfirmen (beispielsweise Ingenieurdienstleister), die ihre Dienstleistung via Arbeitskraft (Ingenieur) beim Kunden anbieten. Ich habe in diesem Blog schon des Öfteren diese Fälle geschildert und kenne sie auch aus meiner Praxis in der Beratung von Dienstleistungsfirmen.

Das Problem mit dem Werkvertrag ist in der Regel, das der Ingenieur des Dienstleisters vor Ort beim Kunden arbeitet und auch in das Projekt eingebunden ist. Er wird an Besprechungen teilnehmen und arbeitet Hand in Hand mit dem Stammarbeitnehmern des Kunden. Sein „gefühlter“ Chef ist nicht der Geschäftsführer des Dienstleisters sondern der Teamleiter beim Kunden usw. Zwar haben in der Regel Anwälte viel Kreativität in Werkverträge fließen lassen, jedoch stellt sich immer wieder heraus, dass bei einer derartigen Konstellation eine Trennung, wie sie der Werkvertrag vorsieht, nicht praktikabel ist. Die gute alte Arbeitnehmerüberlassung ist nun das Mittel der Wahl. Ingenieurdienstleister besorgen sich die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Abgesehen davon, dass dies bei einem sogenannten Mischbetrieb (Betrieb, der außer Arbeitnehmerüberlassung auch noch andere Geschäftsfelder hat) nicht so ganz „easy peasy“ über die Bühne geht, hat doch derjenige, der die Erlaubnis einmal hat, erst einmal Glück. Bzw. das Glück hat dessen Kunde, der Entleiher.

Dazu gibt es ein aktuelles Urteil des LAG Stuttgart vom 18.12.2014 (3 Sa 33/14; Pressemitteilung vom 22.12.2014): Die MBtech hat die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Im Jahr 2009 stellte sie einen Versuchstechniker ein, der im Wege der Arbeitnehmerüberlassung ausschließlich bei Daimler arbeitete. Im Jahre 2013 wurde zwischen der Daimler AG und der MBtech dieses Vertragsverhältnis in einen Werkvertrag umgewandelt. Der Mann machte aber weiterhin dieselbe Arbeit, wie vorher mit dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Das kam ihm nicht richtig vor und er klagte auf die Feststellung, dass zwischen ihm und der Daimler AG ein Arbeitsverhältnis bestand. Er war der Ansicht, dass es sich um einen Scheinwerkvertrag handele, denn eigentlich sei das, was er nach wie vor tue als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren. Daher sei in analoger Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zu Daimler zustande gekommen. In der Vorschrift heißt es:

Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen…“

Nun ist es aber so, dass das AÜG die Unwirksamkeit des Vertrages zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nur dann vorsieht, wenn die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht vorliegt. Die lag aber vor. D.h., auch wenn es sich vorliegend um einen Scheinwerkvertrag gehandelt hat, so konnte zwischen dem Arbeitnehmer und der Daimler AG kein Arbeitsverhältnis per gesetzlicher Fiktion entstehen. Eine analoge Anwendung scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus.

FAZIT: Dienstleister tun gut daran, die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung inne zu haben und Entleiher sollten unbedingt darauf achten, dass dem auch so ist, wenn die einen nicht plötzlich ohne und die anderen nicht plötzlich mit viel mehr Arbeitnehmern

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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