9 Sep
2013

Vom Arbeitnehmer der einen Schwester zum Geschäftsführer der anderen – Was wird mit dem Arbeitsvertrag?

Das Landesarbeitsgericht Hessen hat sich mit einem Fall zu beschäftigen gehabt, in dem ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer der Schwestergesellschaft bestellt wurde und sich nun die Frage stellte, ob diese Bestellung das Arbeitsverhältnis zur anderen Schwestergesellschaft beendet hat. Das Urteil erging am 1.2.2013 (10 Sa 1005/12), die Revision wurde zugelassen.

Der Kläger war seit 1980 bei der Beklagten beschäftigt. Er hatte sich hochgearbeitet. 1980 wurde er als Werkstattleiter eingestellt, 3 Jahre später war er schon Hauptabteilungsleiter und wurde schließlich 1991 zum Geschäftsführer einer Schwestergesellschaft der Beklagten bestellt. Ab 1993 war er bei der Beklagten technischer Leiter und ab 1998 auch noch Leiter der EDV-Abteilung. Im Jahr 2000 wurde der letzte schriftliche Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossen: er wurde Leiter der EDV/IT und bekam Prokura. Im Jahr 2005 wurde ihm die Leitung der Abteilung Logistik auch noch übertragen. In seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer bekam er zuletzt 8.668,15 Euro monatliche Bruttovergütung, einen Dienstwagen zur Privatnutzung, VWL und betriebliche Altersversorgung. Ab 1.1.2008 wurde er zum Geschäftsführer einer Firma A (Schwestergesellschaft des Arbeitgebers) bestellt und es wurde am 1.4.2008 ein Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen. In dem Vertrag war auch geregelt, dass mit Abschluss des Vertrages sämtliche früheren Vereinbarungen zwischen dem Kläger und A (Nicht auch des Arbeitgebers!) ersetzt werden. Als Eintrittsdatum wurde der 1.4.1980 festgelegt. Zwischen dem Kläger, der Beklagten (Arbeitgeber) und Firma A wurde außerdem vereinbart, dass A die Versorgungszusage (Betriebsrente) übernimmt und weiter bedient. Ein Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber wurde nicht geschlossen.

Die Firma A kündigte den Geschäftsführerdienstvertrag zum 31.12.2011 und berief ihn zu diesem Zeitpunkt auch als Geschäftsführer ab.

Nun machte der Kläger zunächst außergerichtlich ggü. der Beklagten geltend, dass durch den Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages mit A das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht beendet wurde. Daraufhin kündigte die Beklagte vorsorglich am 21.12.2011 zum 31.12.2012. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer und Ex-Geschäftsführer. Er wollte festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht. Er bekam beim Arbeitsgericht und bei Landesarbeitsgericht in dieser Rechtsfrage Recht.

Der feine Unterschied zu sonstigen Konstellationen, in denen ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer gekürt wird, ist folgender:

Normalerweise haben wir es mit Fällen zu tun, in denen ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer des Arbeitgebers bestellt wird und ein schriftlicher Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen wird. Es handelt sich bei Arbeitgeber und der Gesellschaft, zu deren Geschäftsführer der Arbeitnehmer gemacht wird um die identische juristische Person. Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag endet das Arbeitsverhältnis, es sei denn, es ist etwas anderes geregelt. Im vorliegenden Fall waren aber A und die Beklagte nicht identisch. Das Arbeitsverhältnis zur Beklagten konnte also nicht durch einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag mit A beendet werden. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bedarf zwingend der Schriftform. Im Normalfall wird diese gewahrt, wenn es sich um identische juristische Personen handelt und der GF-Vertrag schriftlich geschlossen wurde.

Nebenbei: Der Rechtsanwalt der Beklagten hatte seine Mandantschaft schon zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der A darauf hingewiesen, dass mit ihm in Bezug auf die Beklagte selbst ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden sollte. Hätte man mal auf den Anwalt gehört …

 

 

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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