3 Apr
2015

Verzicht auf Kündigungsschutzklage in Ausgleichsquittung ist unwirksam

Arbeitgeber möchten bei Kündigungen schnell Rechtssicherheit erlangen. Arbeitnehmer haben das Interesse, dass sie bei einer Kündigung einigermaßen finanziell abgesichert sind bzw., dass die Gründe der Kündigung überprüft werden können. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.9.2014 (2 AZR 788/13). Ein Arbeitgeber hatte in dem vom BAG entschiedenen Fall dem Arbeitnehmer den Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage “untergejubelt”. Das geht so nicht.

Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer ordentlich gekündigt und legte dem Arbeitnehmer neben der Kündigung auch noch ein weiteres Schriftstück vor. Dieses war mit “Arbeitspapiere” überschrieben. Es folgte eine unpersönliche Anrede “Sehr geehrter Herr,…” und fett gedruckt eine Liste von Gegenständen, die der Arbeitnehmer erhalten hatte. Diese Liste war nicht individuell für den Arbeitnehmer erstellt. Sie enthielt Felder zum ankreuzen und so war auch das Zutreffende angekreuzt. Nach der Auflistung stand ein NICHT fett gedruckter Text, in dem der Arbeitnehmer auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtete und bestätigte, dass er diese Ausgleichsquittung sorgfältig gelesen und zur Kenntnis genommen hatte.

Der Arbeitnehmer erhob gleichwohl Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht. Der Arbeitnehmer gewann jedoch die 2. und 3. Instanz. Das BAG stellte fest, dass es sich bei der Ausgleichsquittung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelte, weil sie durch die unpersönliche Anrede und die Möglichkeit der Auswahl unter mehreren denkbaren Gegenständen erkennbar für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert war. Damit war der weg offen für eine strenge Wirksamkeitsprüfung. Das BAG sah den Klageverzicht zum einen als überraschende Klausel an. Der Arbeitnehmer habe nicht damit rechnen müssen, dass er neben der Bestätigung des Erhalts der fett gedruckten Gegenstände auch noch auf die Erhebung der Klage verzichtete. Dieser Klageverzicht sei weder drucktechnisch hervorgehoben noch durch eine entsprechende Überschrift kenntlich gemacht worden. Er war praktisch genau so angeordnet, dass man ihn überlesen kann. Doch selbst wenn dieser Klageverzicht keine überraschende Klausel gewesen wäre, würde es sich dabei um eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers handeln. Dieser gibt nämlich sein Recht, die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen zu lassen ohne jegliche Gegenleistung auf. Damit wirke der Verzicht allein zu Lasten des Arbeitnehmers und der Arbeitgeber habe den Vorteil, dass er nun nicht 3 Wochen warten muss (Klagefrist), bis Rechtssicherheit eintritt. Er hat gleich Rechtssicherheit.

Das BAG hatte in früheren Entscheidungen derartige Fälle schon untersucht. Dabei wurde deutlich, dass die Gegenleistung nicht unbedingt in einer Abfindung bestehen muss. Auch ein überdurchschnittliches Zeugnis (z.B. mit Note “gut”) oder die Verlängerung der Kündigungsfrist etc. kann so eine Gegenleistung sein.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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