19 Sep
2012

Verschwiegenheitspflicht contra Berufsfreiheit

Betriebsgeheimnisse sind sensible Daten. Arbeitgeber wünschen sich zu Recht, dass diese Daten Dritten gegenüber, insbesondere gegenüber der Konkurrenz, nicht ausgeplaudert werden.

Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist dies eine Selbstverständlichkeit und auch nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses bestehen noch gewissen Loyalitätspflichten. Die gehen Arbeitgebern – auch wieder zu Recht – unter Umständen nicht weit genug. Sie versuchen daher einen Schutz ihrer Geheimnisse zu erlangen, indem Verschwiegenheitsklauseln in den Arbeitsvertrag eingebaut werden.

Oft wird dabei ungenau gearbeitet. Klauseln mit dem Inhalt:

„Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind sämtliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten.“ (oder Ähnliches)

sind zu ungenau, intransparent, zu weit gehend etc. Sie sind unwirksam.

Hintergedanke ist dabei das Spannungsfeld zwischen den Interessen des Arbeitgebers an einer umfassenden Geheimhaltung seiner Betriebs- und Geschäftsvorgänge und einer Verhinderung des Abflusses seines Know Hows an die Konkurrenz und dem Interesse des Arbeitnehmers seine Kenntnisse und Marktvorteile optimal zu nutzen. Der Arbeitnehmer will seine Arbeitskraft im Rahmen der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit nach Art. 12 GG so gut wie möglich verkaufen.

Bekannt und anerkannt ist die Einschränkung der Berufsfreiheit vor allem beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Im Unterschied zu einer nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht bekommt der Arbeitnehmer aber beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot eine Karenzentschädigung und das Verbot ist begrenzt auf die Dauer von maximal 2 Jahren. Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass einem Arbeitnehmer, der keine Entschädigung bekommt und sich dauerhaft zur Verschwiegenheit verpflichten muss, nicht mehr abverlangt werden darf als dies beim bezahlten Wettbewerbsverbot der Fall ist. Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht darf den Arbeitnehmer daher nicht zu sehr in seiner Berufsausübungsfreiheit einschränken. Was dies konkret bedeutet ist schwer zu beantworten, denn leider gibt es bisher noch keine klare Linie in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Folgendes kann man jedoch aus der bisher vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung herausfiltern:

–       Ein Betriebsgeheimnis liegt vor, wenn Tatsachen im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind und wenn sie nach dem Willen des Arbeitgebers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden (BAG 16.3.1982 Az.: 3 AZR 83/79).

–     Betriebsgeheimnisse müssen im Arbeitsvertrag so konkret und unverwechselbar wie möglich genannt werden

–     Die Berufstätigkeit des Arbeitnehmers darf nicht unzumutbar eingeschränkt werden. Die Erwerbstätigkeit in dem bisherigen Tätigkeitsgebiet und auch im bisherigen geographischen Umfeld muss weiterhin ohne große Probleme möglich sein.

–     Nachvertragliche Verschwiegenheitsklauseln sind dann wirksam, wenn sie den Geheimnisträger lediglich mit einem vergleichbaren Arbeitnehmer gleichstellen, der keine Kenntnisse vom Geheimnis hat, aber ansonsten seine Erfahrungen und Kenntnisse beim neuen Arbeitgeber oder in der eigenen Firma verwerten kann.

 

Es lohnt sich also, genau zu arbeiten, wenn es um den Schutz der so wichtigen Geheimnisse geht. Jeder Einzelfall ist anders. Insofern ist eine vorherige Prüfung unbedingt ratsam.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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