23 Mai
2013

Fristlose Kündigung bei geschäftsschädigendem Verhalten des ehemaligen Prokuristen

Das LAG Köln hatte am 11.9.2012 (11 Sa 1418/11) folgenden Fall entschieden:

In einem Familienbetrieb (GmbH) lagen Vater (Geschäftsführer, 81, krebskrank) und Sohn (Prokurist) im Streit. Vater und Sohn konnten sich nicht über die Nachfolgeregelung einigen. Der Vater hatte wenig später nach Scheitern der Verhandlungen über die Nachfolge 20.000 Euro vom Firmenkonto abgehoben und seiner Lebensgefährtin zugewandt. Der Sohn war darüber erbost. Es kam zu einem erneuten Streit in dessen Folge dem Sohn die Prokura entzogen sowie Freistellung und Hausverbot erteilt worden waren. Der Sohn, nun noch wütender, schrieb in seinem Zorn einen Brief an die Hausbank des Unternehmens, in dem er ausführte: „(…) leider muss ich Ihnen mitteilen, dass mir durch meinen 81jährigen krebskranken Vater die Prokura entzogen wurde. Zeitgleich wurde ich mündlich vor Zeugen fristlos gekündigt. Ich bitte, bei zukünftigen Kreditvergaben zu berücksichtigen, dass es keine Nachfolgeregelung gibt. (…)“

Das hatte gesessen! Jedoch verwandelte sich dieser Anwurf in Richtung Vater/Firma in einem Bumerang für den Sohn. Er bekam postwendend die fristlose Kündigung. Er klagte und unterlag beim Arbeitsgericht und beim LAG.

Das LAG hatte das Verhalten des Sohnes als bewusste und gewollte (Vorsatz!) Geschäftsschädigung angesehen. Er habe durch seinen Hinweis auf das Alter des Vaters, dessen lebensbedrohliche Erkrankung und den Hinweis auf die fehlende Nachfolgeregelung sowie durch die Preisgabe von Interna (Entzug der Prokura) bei der Hausbank den Eindruck mangelnder finanzieller Zuverlässigkeit und Gefährdung bei der Kreditvergabe hinterlassen.

Der klagende Sohn hatte versucht, sich zu rechtfertigen: Sein Vater habe sich strafbar gemacht, weil er die 20.000 Euro abgehoben habe und außerdem habe er, der Sohn, seinen Vater mit dem Schreiben vor der privaten Schuldenfalle (= Lebensgefährtin) bewahren wollen. Überdies habe er noch nie eine Abmahnung bekommen und bei dem Abfassen des Schreibens unter Schock gestanden. Dies alles ließ das LAG nicht gelten.

Eine strafbare Handlung des Vaters sei nicht ersichtlich. Zum einen habe der Vater noch einen Anspruch gegen die Firma in Höhe von rund 16.500 Euro gehabt und zum anderen habe der Sohn im Zeitpunkt der Abhebung der 20.000 Euro gar keine Prokura mehr gehabt. Vor einer privaten Schuldenfalle konnte er den Vater nicht bewahrt haben wollen, denn der hatte bei der Hausbank der Firma gar kein Privatkonto. Der Schock war auch unglaubwürdig, denn das Gericht sah den vorangegangenen Zwist und das Scheitern der Nachfolgeverhandlungen. Der Sohn habe also überlegt, geplant und bewusst gehandelt. Das LAG sah die Kündigung auch ohne Abmahnung als gerechtfertigt an. Ein derartiges geschäftsschädigendes Verhalten, auch wenn es nur einmal passiert sei, rechtfertige eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung.

FAZIT: Nachfolgeregelungen können problematisch sein. Auch Kinder von Firmeninhabern sind in der obigen Konstellation ganz normale Arbeitnehmer, die auch die Härte des Arbeitsrechts zu spüren bekommen können. Vor dem Abfassen von fiesen Briefen sollte man immer erst mal eine Nacht drüber schlafen. Das kann den Arbeitsplatz retten und – zumindest was den Fall der Familienbande angeht – vielleicht auch das Erbe, denn es würde mich nicht wundern, wenn der Sohn zu allem Übel nicht auch noch enterbt worden wäre ….

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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