13 Dez
2012

Schlussformel im Zeugnis – BAG sagt: Kein Anspruch

Mit Urteil vom 11.12.2012 (9 AZR 227/11 – derzeit nur Pressemitteilung vorhanden) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden: Es gibt keinen Anspruch auf eine Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel. Folgender Fall lag dem zugrunde:

Ein Arbeitnehmer hatte eine betriebsbedingte Kündigung bekommen. Der Arbeitgeber erteilte ihm ein überdurchschnittliches Zeugnis, das mit dem Schlusssatz endete: „Herr … scheidet zum ….. aus  betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“ Diese Schlussformel ist dem Kläger angesichts des überdurchschnittlichen Textes darüber zu mager und lieblos gewesen. Er wollte, dass in dem Zeugnis steht: „Wir bedanken und für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“ Vor dem Arbeitsgericht hat der Arbeitnehmer damit noch obsiegt. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (21 Sa 74/10) hatte die Klage abgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht sagte klar und schnörkellos, dass ein Arbeitnehmer nur Anspruch darauf hat, dass der Arbeitgeber Art und Dauer der Tätigkeit sowie Leistung und Verhalten bescheinigt. Dies ergebe sich aus § 109 Gewerbeordnung. Der Arbeitnehmer habe aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Aussagen über persönliche Empfindungen trifft.

§ 109 Gewerbeordnung lautet wie folgt:

“ (1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.“

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb bemerkenswert, weil einige Instanzgerichte, wie zum Beispiel das LAG Köln (4 Sa 1315/07), das LAG Düsseldorf (12 Sa 974/10) und das Arbeitsgericht München (23 Ca 8191/11) die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (9 AZR 44/00) zu dieser Frage als unzeitgemäß bezeichneten. Grundtenor der drei Urteile ist: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“ D.h., wenn ein Arbeitgeber ein überdurchschnittliches Zeugnis erteilt, muss auch der Schluss dem entsprechen. Überdies haben sich Dankes-, Bedauerns- und Wunschformeln derart eingebürgert, dass ein Fehlen oder ein im Vergleich zum Rest magerer Inhalt das Zeugnis insgesamt negieren. Demzufolge bestehe ein Anspruch des Arbeitnehmers. Dieser Anspruch wurde teilweise auch mit § 109 Abs. 2 Satz 2 Gewerbeordnung begründet, der ja klar davon spricht, dass es keinen Widerspruch in der Form geben darf. Man kann § 109 Abs. 2 Satz 2 Gewerbeordnung also schon so lesen, dass eine überdurchschnittliche Bewertung von Führung und Leistung auch eine eben solche Dankes- Bedauerns- und Wunschformel nach sich ziehen muss.

Das Bundesarbeitsgericht sieht das offenbar anders. Es sieht keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine dem Rest des Zeugnisses entsprechende Dankes- Bedauerns- und Wunschformel. Wenn der Arbeitgeber eine solche dem Rest des Zeugnisses widersprechende Schlussformel verwende, habe der Arbeitnehmer nur Anspruch darauf, ein Zeugnis ganz ohne Dankes- Bedauerns- und Wunschformel zu bekommen.

FAZIT: Es bietet sich an, sich in Aufhebungsverträgen oder gerichtlichen Vergleichen auch auf die Dankes- Bedauerns- und Wunschformel zu einigen. Wenn man als Arbeitnehmer vor allem aufgrund dieser neuen Rechtsprechung partout keine Schlussformel bekommt, dann sollte man schauen, wer einem sonst noch Referenzen geben kann (z.B. Kunden). Im Vorstellungsgespräch und auch in der Bewerbung kann man dann gezielt auf diese Referenzen hinweisen.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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