13 Apr
2012

Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten nicht bei jeder Arbeitnehmerkündigung

Die Weiterbildung von Arbeitnehmern steht im beiderseitigen Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Damit verbundene Kosten werden in der Regel vom Arbeitgeber übernommen. Gemeint sind damit nicht nur die Kosten der Weiterbildung selbst (Seminarpreis, Übernachtungskosten, Fahrtkosten etc.) sondern auch die mit der Freistellung des Arbeitnehmers verbundenen Lohnkosten, die der Arbeitgeber weiter trägt, ohne dafür Arbeitsleistung zu bekommen.

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Da ist es nur recht und billig, wenn der Arbeitgeber auch eine gewisse Zeit nach Ende der Weiterbildung etwas von seiner Investition haben will. Er bindet den Arbeitnehmer dadurch an sich, dass er für eine gewisse Zeit nach Ende der Ausbildung die Rückzahlung der Weiterbildungskosten verlangt, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer beendet wird. Dazu ist eine vertragliche Regelung erforderlich. Ohne eine Rückzahlungsvereinbarung ist der Arbeitnehmer nicht zur Rückzahlung verpflichtet. Doch auch vertraglich vereinbarte Rückzahlungsklauseln sind nur unter bestimmten Bedingungen wirksam. Denn eine Bindung an den Arbeitgeber durch ein ggf. recht hohes Kostenrisiko schränkt den Arbeitnehmer in seinem grundgesetzlich geschützten Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ein. Wer hohe Kosten zu befürchten hat, kündigt nicht und tritt nicht die Stelle an, die ihm besser gefällt.

Eine Rückzahlungsklausel ist daher nur dann wirksam, wenn die Fortbildung auch im Interesse des Arbeitnehmers liegt und diesem einen geldwerten Vorteil bringt. Sei es, dass er Aufstiegschancen im Unternehmen des Arbeitgebers bekommt oder, dass sich sein Marktwert durch die Ausbildung erhöht. Steht die Weiterbildung allein im betrieblichen Interesse sind Rückzahlungsklauseln per se unwirksam. Auch die Bindungsdauer ist von großer Bedeutung. Sie muss der Dauer der Ausbildung angemessen sein. Des Weiteren muss die Höhe der Rückzahlungskosten mit zunehmendem Ablauf der Bindungsfrist sinken (Bsp: Bindungsdauer 2 Jahre; Kosten verringern sich jeden Monat um 1/24).

Nun hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 13.12.2011; 3 AZR 791/09), dass auch klar differenziert werden muss, in welchem Fall einer Arbeitnehmerkündigung eine Rückzahlung zum Zuge kommt.

Ein Arbeitgeber hatte eigentlich alles richtig gemacht mit der Klausel: Die Ausbildung stand nicht nur im betrieblichen Interesse, die Bindungsdauer war angemessen und die Höhe der Rückzahlungskosten sank mit Ablauf der Bindungsdauer. Jedoch hatte er als Grund für die Rückzahlung lediglich die Kündigung durch den Arbeitnehmer angegeben. Es wurde nicht unterschieden, aus welchen Gründen der Arbeitnehmer kündigt. Der Arbeitnehmer in dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte gekündigt. Die Gründe für die Kündigung lagen in der Sphäre des Arbeitnehmers (sic!) aber dennoch hat das BAG entschieden, dass die Rückzahlungsklausel unwirksam war. Das BAG ist der Ansicht, dass es einen Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB), wenn eine Rückzahlungsklausel nicht zwischen den Gründen für seine Kündigung unterscheidet.

Demnach sind Rückzahlungsklauseln nur dann wirksam, wenn daraus klar hervor geht, dass die Rückzahlung nur dann erfolgen muss, wenn die Kündigungsgründe in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen. Denkbar ist nämlich auch, dass ein Arbeitnehmer kündigt, weil der Arbeitgeber sich vertragswidrig verhalten hat. In so einem Fall wäre die Rückzahlungsverpflichtung ungerecht und würde den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Im vorliegenden Fall war dies für den Arbeitgeber besonders bitter. Der Arbeitnehmer hatte nämlich allein aus Gründen gekündigt, für die er verantwortlich war. Doch das BAG machte da – zu Recht – keinen Unterschied. Die Klausel war, abstrakt vom Einzelfall gesehen, unwirksam, weil sie nicht differenzierte und somit die MÖGLICHKEIT bestand, dass der Arbeitnehmer benachteiligt wird. Daher brauchte es gar nicht mehr zu schauen, wie es denn im konkreten Fall war. Die Klausel war ja schon „kaputt“.

Das Urteil des BAG ist nicht überraschend. Arbeitsvertragsbedingungen sind in der Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen und müssen sich an diesen Maßstäben messen lassen. Daher müssen sie klar, transparent und nachvollziehbar sein und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Die spannende Frage für die Zukunft ist nun: Wie will der Arbeitgeber nachweisen, dass die Gründe für die Kündigung des Arbeitnehmers wirklich nur in dessen Sphäre lagen? Selbst wenn der Arbeitgeber eine wirksame Klausel stellt, bleibt immer noch genug Argumentationsspielraum für den Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist in der Beweislast ….

 

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Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht – Rechtsanwältin Dr. Sandra Flämig
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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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