von Dr. Sandra Flämig Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht Stuttgart
Ich stelle immer wieder fest, dass sich Mandanten besonders dann schwer damit tun, an ihrer Situation etwas zu ändern, wenn sie immer nur beim Anderen schauen und nicht in der Lage sind, ihre eigenen Anteile in die Betrachtung einzustellen. Es passiert am häufigsten in Mobbingfällen aber auch bei Zeugnisstreitigkeiten, bei Abmahnungen oder Kündigungen – kurz in jeder nur denkbaren Fragestellung aus dem Arbeitsleben. Bei den Mobbingfällen ist jedoch die mangelnde Selbstreflexion besonders schmerzhaft für den Betreffenden. Mobbingfälle bringen Arbeitnehmer an den Rand des Aushaltbaren und machen ggf. auch krank. Ohne Selbstreflexion tut sich jedoch gar nichts. Der Status quo bleibt bestehen und es wird jede Menge Energie sinnlos verschwendet, um einen Konflikt am kochen zu halten – gelöst wird dann nämlich auch nichts. Das Ganze gleicht vielmehr einem Gemetzel. Es ist sogar so, dass sich nach einem (scheinbar) gelösten Mobbingfall dieselbe Problematik beim nächsten Arbeitgeber wieder einstellt.
Vermutlich spielen viele Ängste eine Rolle, wenn Menschen lieber beim Anderen suchen, anstatt (auch) bei sich selbst zu bleiben:
– „Ich bin Schuld. Das kann nicht sein“, Hierbei wird oft verkannt, dass es gar nicht wirklich um „Schuld“ geht.
– „Ich habe versagt.“, In unserer Leistungsgesellschaft darf es Scheitern nicht geben. Dabei ist jeder Stolperer, jedes Hinfallen eine Riesenchance, Erfahrungen zu sammeln, Erkenntnisse zu gewinnen und voran zu kommen – auch wenn man zunächst einmal ein paar Schritte zurück gehen muss.
– „Ich passe nicht dort hin.“, Na und? Was ist daran schlimm? Wenn man mit seiner Erkenntnis schon mal so weit ist, dann hat man schon viel erreicht. Dann muss man „nur noch“ den Mut fassen, abzuspringen und etwas Neues zu wagen.
– „Ich bin hilflos/ohnmächtig in dieser Art Situationen und will mir nicht anschauen, dass das so ist.“ Ohnmacht und Hilflosigkeit sind kaum auszuhalten und oft die Triebfeder für – objektiv betrachtet- „Sinnlos-Aktionen“. Wenn man sich das bewusst gemacht hat, dann kann man Zeit, Geld und die eigene Energie in Bahnen lenken, die einen wirklich voran bringen.
usw.
Meine Erfahrung zeigt mir, dass erst dann Beziehung zu meinem „Gegner“/“Kontrahenten“ usw. entsteht, wenn ich den Blick für meine eigenen Anteile am Geschehen öffne. Dann entsteht Verständnis für das Gegenüber. Dieses Verständnis bereitet den Boden für eine – wie auch immer geartete – Lösung im konkreten arbeitsrechtlichen Fall und verbessert das Klima erheblich. Das ist auch dann sinnvoll, wenn man zu dem Ergebnis kommt, sich trennen zu müssen. Es bleibt als letzte Erinnerung nämlich etwas Positives zurück und man sieht sich immer zweimal im Leben …
Selbstreflexion ist kein „Kinderfasching“. Es ist Arbeit und tut mitunter sehr weh. Aber es lohnt sind, weil durch das Entwickeln dieser Fähigkeit (Ja, es gibt Hoffnung. Auch wenn man/frau es noch nicht kann. Es ist erlernbar.) nicht nur eine Verbesserung des Arbeitsklimas geschaffen wird. Es wird sich (zwangsläufig!) im Privatleben positive Veränderung einstellen.
Leider funktioniert das nicht auf Knopfdruck und nicht ruck zuck. Persönlichkeitsentwicklung braucht Zeit. Doch wer sie sich nimmt und mutig ist beim Hinschauen, wird nach einiger Zeit merken, dass sich der „flow“ im Arbeitsleben und im Privatleben wieder einstellt und dass Veränderungen dann vielleicht sogar mit Freude anstatt mit Angst wahrgenommen werden.
Denn wenn man ehrlich ist, geht es bei arbeitsrechtlichen Konflikten immer auch um die Angst vor Veränderungen – auf beiden Seiten.
Deshalb gilt das hier Gesagte gleichermaßen für Arbeitgeber und Führungskräfte.
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