Man glaubt es kaum aber: Auch Arbeitgeber haben Gefühle. „Den“ Arbeitgeber als solchen gibt es ja – vom Inhaber geführten Unternehmen abgesehen – in den meisten Fällen gar nicht. „Der“ Arbeitgeber wird repräsentiert durch eine ganze Reihe Führungskräfte und die Personalabteilung. Alles Menschen, die man verletzen kann. Jeder mit einem anderen wunden Punkt. Jeder mit einem anderen Grad an Sensibilität.
Nun kann es vorkommen, dass ein Arbeitnehmer Fehler macht, große Fehler vielleicht. Fehler, die dem Arbeitgeber (also den ihn repräsentierenden Menschen) die Haare zu Berge stehen und das Blut in den Adern gefrieren lassen. Es kann auch sein, dass der Arbeitnehmer den Fehler gar nicht begangen hat und sich alles aufklären lässt. Gehen wir mal davon aus, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „dicke Luft“ herrscht. Angereichert wird das Ganze durch eine schlechte „Performance“ des Arbeitnehmers in den vergangenen Jahren bei der man immer wieder ein Auge zugedrückt hat und was sich – aus Sicht des Arbeitgebers – nun rächt. Schon ist der schönste Konflikt am kochen. Enttäuschung über den Arbeitnehmer, den man doch immer unter seine Fittiche genommen und den man trotz schlechter Leistungen immer mitgeschleppt hat, auf dessen private Situation man – vielleicht – Rücksicht genommen hat, macht sich breit.
Der Arbeitgeber, also die direkte Führungskraft gemeinsam mit der Personalabteilung versuchen den Fehler aufzuklären und stellen dem Arbeitnehmer – aus dessen Sicht – unangenehme Fragen. Fragen, bei denen er sich (auch Mensch mit Gefühlen) in die Enge getrieben fühlt. Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes kommt hoch. Der Arbeitnehmer weiß zumindest unterbewusst, dass er keine Granate ist und nicht im Verdacht steht, der nächste „Mitarbeiter des Monats“ zu werden. Aber er ist schon Anfang 50, die Kinder sind noch zu Haus und der Partner ist arbeitslos. Die Kacke ist am dampfen und er tut, was man in solchen Situationen tun sollte: Er holt sich Rat bei einem Anwalt. Soweit ist alles prima.
Nun aber geschieht etwas, das geeignet ist, ein ohnehin schon morsches Tischtuch gänzlich zu zerstören: Der Arbeitnehmer lässt den Anwalt einen zackigen Brief schreiben. Dass ein Arbeitnehmer zum Anwalt geht, ist für sich genommen nicht schlimm. Dem Arbeitgeber ist bewusst, dass ein Arbeitnehmer in einer solchen Situation Rat und Hilfe sucht. Zwar hätte er es lieber, wenn der Arbeitnehmer das nicht täte aber er rechnet damit. Jedoch – und nun kommen wir zum Punkt mit den Gefühlen und der Kommunikation – die Führungskräfte, die sich immer für diesen Menschen eingesetzt haben und nun eigentlich nur das Entstehen eines schlimmen Fehlers aufklären wollen, fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Was ist schief gegangen? Wenn ein Konflikt ein Stadium erreicht, in dem man Anwälte benötigt, weil man alleine nicht mehr weiter kommt und wenn man als Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz retten will, dann sollte man nicht mit der Axt durch die Eingangstür kommen. Briefe schreiben ist o.k. aber der Arbeitnehmer hätte seinen Anwalt ankündigen müssen. Nach einem langen Beschäftigungsverhältnis wird ein Anwaltsbrief ohne vorherige Ankündigung einfach als Affront verstanden. In einem Konflikt, der schon weit gediehen ist, muss man seine Werkzeuge (bitte nicht Waffen) , sprich Anwälte sorgsam positionieren und einsetzen. Soll der Arbeitsplatz erhalten werden ist sehr viel Diplomatie gefragt. Auch von den Anwälten.
Wichtig: Es geht nicht darum, dass man seine Rechte nicht wahren oder sich keine Hilfe holen sollte. Jedoch muss man immer die Gefühle der anderen Seite im Blick haben. Achtsamkeit ist gefragt. Will man einen arbeitsrechtlichen Konflikt lösen und seinen Job retten, sind Hammer und Axt schlechte Werkzeuge.