Verzicht

Ein Verzicht ist nicht immer möglich

Der Verzicht auf Ansprüche und Rechte kann vor der Entstehung des Anspruchs oder auch nach Entstehung des Anspruchs geschehen.

Bildnachweis: sör alex / photocase.de

Im Arbeitsrecht herrscht jedoch ein grundsätzliches Ungleichgewicht zwischen den Parteien des individuellen Arbeitsvertrages. Daher will das Arbeitsrecht den Arbeitnehmer schützen. Manchmal auch vor sich selbst. Arbeitnehmer sollen nicht zu einem Verzicht auf Forderungen gedrängt werden können. Daher verbieten gesetzliche des Öfteren Reglungen den Verzicht auf Ansprüche.

Verzicht im Vorhinein

Grundsätzlich ist es so, dass man auf gesetzlich verbriefte Rechte nicht schon verzichten kann, wenn diese Rechte noch gar nicht entstanden sind. So kann man zum Beispiel nicht auf das Recht auf Elternzeit, gesetzlichen Urlaub, Kündigungsschutz, den gesetzlichen Mindestlohn etc. schon im Arbeitsvertrag verzichten.

Bei Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ist ein Verzicht im Vorhinein auch nicht möglich. Dies ergibt sich bei Tarifverträgen aus § 4 Abs. 1 TVG zumindest dann, wenn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer tarifgebunden sind. Der Arbeitnehmer muss also Mitglied der tarifschließenden Gewerksschaft sein und der Arbeitgeber Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Wenn ein Tarifvertrag nur kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme gilt, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich auch vom Tarifvertrag abweichen. Für beiderseits tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien ist die Abweichung zu Lasten des Arbeitnehmers nur möglich, soweit sie durch den Tarifvertrag selbst zugelassen wurde; § 4 Abs. 3 TVG.

Bei Betriebsvereinbarungen ist § 77 Abs. 4 BetrVG die maßgebliche Vorschrift. Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Es darf zuungunsten des Arbeitnehmers nicht davon abgewichen werden.

Verzicht nach Entstehung des Anspruchs

Bei gesetzlichen Rechten muss man unterscheiden. Es gibt gesetzliche Rechte, die sind unverzichtbar, wie beispielsweise der Anspruch auf Mindesturlaub oder auf Mindestlohn.

Wenn auch der nachträgliche Verzicht auf Rechte nicht erlaubt ist (z.B. Urlaub oder Mindestlohn) bietet der sogenannte Tatsachenvergleich einen Ausweg.

Beispiel:
Auf den gesetzlichen Urlaub kann nicht verzichtet werden. Aber die Parteien können einen Vergleich schließen, in dem sie darin übereinstimmen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub schon in natura genommen hat.

Des Weiteren muss unterschieden werden, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht oder schon beendet wurde. Nach Ausspruch einer Kündigung kann zum Beispiel auf das Recht, Kündigungsschutzklage zu erheben, verzichtet werden oder auch auf die Erteilung eines Zeugnisses. Das ist während des Arbeitsverhältnisses nicht möglich.

Auf Rechte, die aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung bestehen kann der Arbeitnehmer auch nicht verzichten. Es sei denn, die Tarifparteien bzw. die Betriebsparteien stimmen dem zu oder der Tarifvertrag findet nur aufgrund einer Verweisung im Arbeitsvertrag Anwendung.bArbeitnehmer und Arbeitgeber sollten daher vor einem beabsichtigen Verzicht genau prüfen, ob dieser Verzicht überhaupt wirksam ist.

Wenn in Aufhebungsverträgen eine Verzichtsklausel bzw. Ausgleichsklausel vereinbart wird, darf diese den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. So ist es zum Beispiel fraglich, ob ein gutes Zeugnis als Gegenleistung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Abfindung und weitere Zugeständnisse an den Arbeitnehmer ausreicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht führt ein solch „mickriger“ Gegenwert zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages.

 

 

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