Kann man mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage auch eine Ausschlussfrist einhalten? Eine Kündigungsschutzklage kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist fortbesteht. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer aber nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht beschäftigt. Er ging davon aus, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist. Am Ende des Rechtsstreits steht also fest:
Das kann zu hohen Ansprüchen des Arbeitnehmers führen.
Fast alle Arbeitsverträge enthalten Ausschlussfristen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten, wenige Monate dauernden Frist, ggü. dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht und bei dessen Weigerung eingeklagt worden sind.
Was also, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess seine Annahmeverzugslohnansprüche nicht geltend gemacht hat? Ist dann alles futsch bis auf ein paar Gehälter, die der Ausschlussfrist noch nicht zum Opfer gefallen sind?
An dieser Stelle beginnt der vom Bundesarbeitsgericht am 19.9.2012 (5 AZR 627/11) entschiedene Fall:
Der Kläger hatte ein Arbeitsverhältnis, auf das ein Tarifvertrag anzuwenden war. Im Tarifvertrag war eine Ausschlussfrist enthalten. Diese besagte, dass bestimmte Zahlungsansprüche innerhalb von 4 Wochen nach Fälligkeit und alle sonstigen beiderseitigen Ansprüche innerhalb von 2 Monaten ggü. der anderen Partei geltend gemacht werden müssen. Im Falle einer Ablehnung der Ansprüche müssen sie innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Der Kläger hatte ein befristetes Arbeitsverhältnis. Er hielt die Befristung für unwirksam und erhob Klage. Er gewann den Prozess gegen seinen Arbeitgeber und wurde nach Abschluss des Rechtsstreits, der in der ersten Instanz endete, wieder bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Der Arbeitnehmer war zwar von seinem Arbeitgeber für eine gewisse Zeit währen des laufenden Rechtsstreites beschäftigt worden (sog. Prozessarbeitsverhältnis zur Vermeidung von Annahmeverzugslohansprüchen) aber es hatte Zeiten gegeben, in denen er nicht beschäftigt worden war bzw. nicht den vollen Lohn inkl. Überstundenvergütung etc. bekommen hatte. Ca. 1 Jahr nach dem gewonnenen Prozess machte der Arbeitnehmer nun gerichtlich seinen Annahmeverzugslohn geltend. Er unterlag beim Arbeitsgericht und beim Landesarbeitsgericht wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfrist. Die Ansprüche galten als nicht rechtzeitig geltend gemacht und damit als verfallen.
Das Bundesarbeitsgericht jedoch war anderer Ansicht. Dem Arbeitnehmer stehe der Annahmeverzugslohn dem Grunde nach zu. Er sei nicht verfallen.
Das Bundesarbeitsgericht hat dies wie folgt begründet (5 AZR 627/11 – [12-14]):