14 Nov
2019

Zugang der Kündigung auf den letzten Drücker

Kündigungen sind sogenannte „einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen“. Sie werden dann wirksam, wenn sie dem Empfänger zugegangen sind. Und gerade da steckt der Teufel im Detail.

Arbeitgeber wissen, dass sie den Zugang der Kündigung am besten durch eine Übergabe an den Arbeitnehmer im Beisein eines Zeugen bewirken. Dies können Sie auch nochmal in meinem Video zum Thema Zugang von Kündigungen unter Anwesenden nachschauen.

Sollte der Arbeitnehmer nicht im Betrieb anwesend sein und man ihn zu Hause nicht antreffen, bleibt nur der Einwurf der Kündigung in den Hausbriefkasten. Das nennt man dann Zugang der Kündigung unter Abwesenden. Sie brauchen dafür einen Boten, der den Inhalt der Kündigung kennt und ein Foto macht. Sie kennen das: Die Kündigung geht in dem Moment zu, in dem sie in den Briefkasten fällt. Wirklich? Also geht sie noch am Tag des Einwurfs zu, wenn sie um 13:20 Uhr, 15 Uhr, 18 Uhr, oder gar 23 Uhr eingeworfen wurde? Sie ahnen es: So einfach ist es nicht. Ob eine Kündigung noch am selben Tag oder erst am nächsten Werktag zugeht, hängt maßgeblich davon ab, „wann nach der Verkehrsanschauung mit der Entnahme gerechnet werden kann“ (BAG zuletzt in dem Urteil vom 22.8.2019, 2 AZR 111/19). Doch was ist die „Verkehrsanschauung“. Es ist jedenfalls nicht die individuelle Postzustellungszeit beim Empfänger. Aber auch nicht eine allgemeine Zeit, wie etwa 17 Uhr oder 12 Uhr. Die Postzustellungszeiten variieren sehr stark. Das BAG sagt nun, dass die individuelle Postzustellungszeit zum Beispiel durch eine Absprache mit dem Postboten bestimmt worden sein kann oder durch eigene Leerungsgewohnheiten. Das ist nicht zu berücksichtigen. Aber die Zustellungszeiten in dem Gebiet, in dem der Empfänger wohnt, können schon zu einer lokalen Verkehrsanschauung führen. Hä? Was denn nun? Das BAG hilft hier nicht weiter. Der Zusteller einer Kündigung kann in der Regel die lokal üblichen Zustellungszeiten nicht kennen. Es kann also passieren, dass eine Kündigung um 12 Uhr eingeworfen wird aber in dem Gebiet die Zustellung der Kündigungen schon um 11 Uhr erfolgt. Dann würde die Kündigung ggf. erst am nächsten Werktag zugehen. Das Ganze ist nicht schlimme, wenn man noch Pufferzeit eingebaut hat. Wenn es aber um die Einhaltung von Fristen geht, wird es eng. Ich rate daher jedem, der eine Kündigung zustellen will, sich mindestens einen Werktag Puffer einzubauen. Das vermeidet unnötige Diskussionen bei Gericht, denn alles, worüber man diskutieren kann, kostet Geld ;-)

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Allgemein Blog

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