18 Apr
2013

Kündigung von Unkündbaren – wenn der große Stellenabbau droht

„Der frühe Vogel …“ Sie wissen schon, was ich meine. Die einen vollenden das Sprichwort richtig mit: „… fängt den Wurm.“ Die anderen, die ich persönlich deutlich witziger finde, sagen „… kann mich mal.“

Arbeitsrechtlich soll jedoch in diesem Beitrag vom cleveren Wurmfänger die Rede sein. Im übertragenen Sinne natürlich.

Stellen Sie sich vor, Sie sind schon seit der Lehre bei Ihrem Arbeitgeber angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis ist ein Tarifvertrag anwendbar, der eine Regelung enthält, nach der Mitarbeiter ab einem bestimmten Alter und einer bestimmten Betriebszugehörigkeit nur noch außerordentlich kündbar sind. Umgangssprachlich, aber falsch, heißt das „Sie sind unkündbar“. Nun will aber Ihr Arbeitgeber genau Ihre Abteilung, in der Sie schon seit 20 Jahren arbeiten, schließen. Sie sind nun Anfang 40 und haben das, was alle in einer solchen Situation haben: Angst. Angst vor der Veränderung. Angst vor einer Ausgliederung Ihrer Abteilung an einen anderen Arbeitgeber (Betriebsübergang). Angst, Ihren Job zu verlieren. Aber Moment mal: Sie sind ja unkündbar und außerdem ist die Sache ja noch gar nicht spruchreif. Es ist zwar die Rede davon, dass Ihre Abteilung ausgegliedert werden wird aber das kann noch ein paar Jahre dauern. Also könnten Sie doch so tun, als sei nichts gewesen. Oder?

Zuerst einmal: Sie haben ein Problem. Ein großes Problem. Sie sind nämlich nicht unkündbar. Unkündbare Arbeitnehmer gibt es nicht. Das Thema „Unkündbarkeit“ gehört in die Welt der Sagen und Mythen.

Wenn nämlich Ihre Abteilung ausgegliedert wird und es zu einem (Teil)Betriebsübergang kommt, dann haben Sie die Wahl: Gehen Sie mit zu dem neuen Arbeitgeber an den neuen Standort 500 Kilometer weit weg oder bleiben Sie da. Sie haben die Wahl zwischen Pest und Cholera. Gehen wir mal davon aus, dass Sie bei Ihrem alten Arbeitgeber bleiben. Der hat nun aber keine Stelle für Sie. Die Abteilung ist weg. Woanders sind keine Arbeitsplätze frei. Freikündigen muss er nicht. Also kann er Ihnen kündigen. Zwar nur außerordentlich, d.h. er braucht einen wichtigen Grund. Aber den hat er: Kein Platz frei. Und die anderen Kollegen, mit denen Sie evtl. vergleichbar sind, sind auch schon so lange da, wie Sie und haben auch denselben Schutz. Mithin wird es eng.

Aber Sie haben Glück, denn Sie haben jetzt schon erfahren, dass es irgendwann in naher oder ferner Zukunft zu einem Personalabbau kommen wird. Sie wissen nicht genau, wann das sein wird aber Sie wissen sicher, dass es sein wird. Jetzt müssen Sie sich fit machen für den internen und externen Arbeitsmarkt. Noch sind Sie jung genug, dass Sie Chancen haben, einen neuen Job zu finden – vielleicht sogar intern. Wenn erst mal die Zeit gekommen ist und der Personalabbau wirklich erfolgt, dann sind Sie vielleicht schon Ende 40 und haben nichts getan, was Sie für den Arbeitsmarkt attraktiv macht. Und neben Ihnen stehen all die anderen Kollegen, die dieselbe Idee haben, sich intern zu bewerben. Neben einem Gang zum Anwalt, der Sie schon zu einem frühen Zeitpunkt über juristische Schritte, die in Zukunft zu gehen sein werden berät, ist für Sie ganz dringend ein Karrierecoaching angezeigt. Da Sie all dies schon bedacht haben, als der Personalabbau noch ein sehr fernes Ereignis war, sind Sie vielleicht schon weg, wenn die große Welle kommt und verzehren Ihren schmackhaften Wurm ;-)

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Blog Karriereberatung

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