3 Jun
2013

Kündigung in der Probezeit muss Mindestanforderungen erfüllen

Das Arbeitsgericht Saarelouis hat am 28.5.2013 (1 Ca 375/12) eine interessante Entscheidung zur Kündigung in der Probezeit getroffen. Zwar ist Berufung möglich aber die Überlegungen des Arbeitsgerichts sind sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer interessant, weil es um die Frage geht, inwieweit außerdienstliches Verhalten zu einer Kündigung berechtigt und welche Mindestanforderungen eine Kündigung in der Probezeit erfüllen muss:Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde: Eine Arbeitnehmerin sollte als Büroangestellte bei einem Arbeitgeber beschäftigt werden. Sie hätte nicht nur Kontakt zu den Kollegen sondern auch zu den Kunden des Arbeitgebers gehabt. Sie hatte einen halben Tag zur Probe gearbeitet. Offensichtlich sprach nichts gegen die Einstellung. der Arbeitgeber wollte nur noch wissen, ob die Arbeitnehmerin rauche, da es ein betriebliches Rauchverbot gebe. Die Mitarbeiterin in spe sagte, dass sie zwar Raucherin sei aber mit dem betrieblichen Rauchverbot kein Problem habe und sich daran halten werde. Sie bekam den Arbeitsvertrag. An ihrem ersten Arbeitstag rauchte sie vor der Arbeit und vor dem Gebäude eine Zigarette und wurde 2 Stunden nach Arbeitsaufnahme gekündigt. Der Arbeitgeber hatte als Grund für die Kündigung angegeben, dass die Klägerin zwar das betriebliche Rauchverbot beachtet habe, jedoch habe sie so nach Zigarettenrauch gerochen, dass sich die Kolleginnen und Kunden belästigt gefühlt haben.

Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage und gewann offensichtlich. Das Arbeitsgericht Saarlouis war der Ansicht, dass der Arbeitgeber zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz zu beachten hatte, weil sich die Mitarbeiterin noch in der Probezeit befinde. Jedoch sei zu beachten, dass es außerhalb des Schutzbereiches des Kündigungsschutzgesetzes gewisse Mindeststandards gäbe: So habe der Arbeitgeber gemäß Art. 12 Grundgesetz (Berufsfreiheit) ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis mit dem ernsthaften Willen zur Zusammenarbeit zu führen. Daraus folge, dass der Arbeitgeber die Mitarbeiterin vor der Kündigung hätte anhören müssen und ihr sein Missfallen hätte zum Ausdruck bringen müssen. Die dahinterliegende (wahrscheinlich zutreffende) Vermutung war wahrscheinlich, dass die Mitarbeiterin den Wunsch der Kollegen und des Arbeitgebers akzeptiert und auch nicht mehr vor der Arbeit und in den Pausen geraucht hätte. Es hätte eine ganz einfache Möglichkeit gegeben, der Klägerin zu sagen „Wir wollen nicht, dass hier geraucht wird und wir wollen auch nicht riechen müssen, wenn jemand geraucht hat, mit dem wir zusammenarbeiten.“ Das wäre zwar für die Klägerin ziemlich radikal gewesen aber sie hätte ihr Verhalten darauf einstellen können. Sie hätte selbst eine Wahl gehabt, wie sie sich verhält. Diese Chance hätte der Arbeitgeber ihr geben müssen, denn sie hat ja aus ihrer Sicht zunächst gar nichts falsch gemacht. Das betriebliche Rauchverbot hatte sie eingehalten.

Fazit: Auch in der Probezeit muss man als Arbeitgeber mit Augenmaß vorgehen. Die Hürden sind sehr niedrig aber „ganz ohne“ ist es dann doch nicht.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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