22 Mrz
2010

Kostenübernahme für ein Vorstellungsgespräch-was kann ein Bewerber erwarten?

von Dr. Sandra Flämig: Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Zunächst einmal ist die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für den Bewerber positiv, zeigt sie doch, dass seine Bewerbung und sein Profil für den eventuellen Arbeitgeber interessant sind.
Aber je nach räumlicher Entfernung entstehen natürlich auch Kosten für die Anreise, Verpflegung, Übernachtung etc.
Das Unternehmen kann bereits bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch die Kostenübernahme generell ablehnen.
Aber auch eine einvernehmliche Absprache über die Ablehnung ist zwischen Bewerber und Unternehmen rechtsverbindlich und zulässig.
Wenn das Unternehmen sich zur Kostentragung nicht äußert und es den Bewerber einlädt, dann muss es auch die Kosten für Anreise und ggf. Übernachtung etc. tragen.

Die Rechtsprechung zu dieser Thematik ist bis heute recht übersichtlich.

Das liegt sicher auch daran, dass Vorstellungskosten meistens nicht so hoch sind, um den Gang zum Arbeitsgericht lohnenswert zu machen.
Der Grundsatz zur Übernahme von Kosten ergibt sich aus § 670 BGB. Danach wird der Bewerber zum Beauftragten des eventuellen Arbeitgebers und dieser zum Auftraggeber. In diesem Fall sieht dieser Paragraph eine Kostenübernahme für alle zur Erfüllung des Auftrages erforderlichen Kosten vor.
Daraus hat sich die gängige Rechtsauffassung entwickelt, dass der Arbeitgeber sämtliche Kosten für die Anreise, eventuelle Unterbringung etc. immer dann übernehmen muss, wenn er das persönliche Erscheinen des Bewerbers wünscht oder sogar darauf besteht.
Darüber hinaus hat z.B. das LAG Nürnberg 1995 in einem Urteil festgestellt, dass ein Arbeitgeber einem Bewerber nicht nur bei einer ausdrücklichen Anforderung zur Vorstellung die Kosten erstatten muss, sondern auch dann, wenn der Bewerber sich „mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers“ vorstellt. Dabei ist es irrelevant, ob die Anregung zur Vorstellung vom Bewerber ausgegangen ist.

Allerdings darf der Bewerber die Anreise und den Aufenthalt nicht nach eigenem Gutdünken gestalten und dann Erstattung erwarten. Im Zweifelsfall fordern die Arbeitsgerichte vom Arbeitgeber die Erstattung „in nötigem Umfang“ und „nach Verhältnismäßigkeit“ vorzunehmen – dehnbare Begriffe. Durchgesetzt hat sich die Auffassung, dass der Bewerber die Aufwendungen so vornimmt, wie es ein vernünftiger und gerecht denkender Mensch auch tun würde.
Also kein Transfer mit dem Taxi, wenn öffentliche Nahverkehrsmittel vorhanden sind; keine Flugreise, wenn die Bahn fährt usw. Aber z.B. Übernahme der Kosten für eine Übernachtung, wenn aufgrund der großen Entfernung zwischen Wohnort und Ort des Vorstellungsgesprächs eine An- und Abreise an einem Tag nicht zumutbar ist, vorausgesetzt, dass dem Arbeitgeber die große Entfernung zwischen dem Wohnort und dem Ort des Vorstellungsgesprächs bekannt ist.
Der potentielle Arbeitgeber sollte also die Kosten, die er übernehmen will, so genau wie möglich definieren.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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