Das Bayerische Landessozialgericht hat am 28.2.2013 (Az.: L 9 AL 42/10) eine wichtige Entscheidung zum Thema Aufhebungsvertrag, Abfindung und Sperrzeit getroffen. Nach dieser neuen Entscheidung kann ein Arbeitnehmer auch dann Arbeitslosengeld I ohne Verhängung einer Sperrzeit beanspruchen, wenn er eine sehr hohe Abfindung bekommen hat, die den Faktor 0,25 bis 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr deutlich übersteigt. Wichtig ist, dass dafür ein wichtiger Grund vorliegen muss.
Dieses Urteil ist für Arbeitnehmer fast schon bahnbrechend.
In dem vom LSG entschiedenen Fall hatte ein tarifvertraglich unkündbarer Arbeitnehmer mit fast 40 Jahren Betriebszugehörigkeit einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer deutlich über dem Faktor von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr liegenden Abfindung beendet. Er hatte mehr als 100.000 Euro Abfindung bekommen.
Grund für die Beendigung waren betriebsbedingte Gründe. Die Abteilung, in der der Arbeitnehmer beschäftigt war, wurde geschlossen. Es gab keinen anderen Arbeitsplatz für den Kläger. Seine Kollegen waren auch alle betroffen. Es gab einen Interessenausgleich mit Sozialplan, der einen Wechsel in eine Transfergesellschaft für 2 Jahre und eine Abfindung vorsah. Der Kläger sah keine Möglichkeit, in dem UNternehmen zu bleiben. Die Möglichkeit gab es objektiv auch nicht und entschloss sich somit zum Abschluss des Aufhebungsvertrages.
Er beantragte Arbeitslosengeld und es wurde eine 90-tägige Sperrzeit verhängt, weil er seinen Arbeitsplatz ohne wichtigen Grund aufgegeben habe. Er klagte gegen den Bescheid, verlor beim Sozialgericht und gewann schließlich beim Landessozialgericht.
Das Landessozialgericht argumentierte, dass dem Arbeitnehmer trotz „Unkündbarkeit“ aus wichtigem Grunde hätte gekündigt werden können. Ein solcher wichtiger Grund ist vorliegend gegeben. Man kann nun mal nicht an einem Arbeitsplatz festhalten wollen, der definitiv ersatzlos wegfällt und wenn es auch keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und wen auch durch Sozialauswahl kein Job im Unternehmen zu finden ist. Das Sozialgericht und die Agentur für Arbeit hatten diesen Standpunkt nämlich vertreten.
Das LSG berief sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts: Das hatte zuletzt entschieden, dass eine Sperrzeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht verhängt werden darf, wenn ansonsten eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen worden wäre und die Abfindung einen Faktor von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr nicht übersteigt.
Das LSG war nun der Ansicht, dass es sich im vorliegenden Fall auch um eine ausweglose Situation für den Arbeitnehmer handelte. Er hatte praktisch keine andere Möglichkeit, als den Aufhebungsvertrag anzunehmen. Ein Kündigungsschutz wurde nicht umgangen. Ihm hätte auch gekündigt werden können. Dann kann die Höhe der Abfindung keine Rolle mehr spielen.