25 Feb
2009

Fristlose Kündigung auch schon bei Verdacht einer Straftat

von Dr. Sandra Flämig: Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Barbara E. erhitzt die Gemüter. Am 24.2.2009 hat das LAG Berlin-Brandenburg, für Fachleute absolut nicht überraschend, entschieden, dass der dringende, im Laufe des Verfahrens zur Gewissheit erhärtete Verdacht eines Betruges zu Lasten des Arbeitgebers, eine fristlose Kündigungrechtfertige. Erstaunlich an diesem Fall ist

nicht sein Ergebnis. Es ist der Wirbel, den er verursacht hat. Der Blätterwald rauscht gewaltig. Tagesthemen (!) und Talkshows berichten ausführlichst. Dabei handelt es sich bei der sogenannten Verdachtskündigung um eine von Rechtsprechung und Fachliteratur anerkannte und gängige Form der verhaltensbedingten Kündigung. Es ist nicht so, dass der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung eine Kündigung schon rechtfertigt, wie man als Laie vielleicht meinen mag.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Verdachtskündigung in langjähriger Rechtsprechung entwickelt und zuletzt noch einmal in einem Urteil vom 13.3.2008 bestätigt. Hohe Hürden liegen vor diesem Instrument. Der Verdacht einer strafbaren Handlung muss schwerwiegend sein. Die starkenVerdachtsmomente, so das BAG, müssen sich auf objektive Tatsachen gründen lassen. Die Verdachtsmomente müssen geeignet sein, dass Vertrauen zu zerstören. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Schließlich muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden sein. Das BAG stellt an die Darlegung und Qualität der schwerwiegenden Verdachtsmomente besonders strenge Anforderungen, weil es natürlich sieht, dass es auch einen Unschuldigen treffen kann. Außerdem wird immer auch noch eine Interessenabwägung vorgenommen, bei der Alter und Betriebszugehörigkeit und Beanstandungslosigkeit des Arbeitsverhältnisses in die Waagschale geworfen werden.

Im Fall der Frau E. hat das Arbeitsgericht Beweis erhoben und kam danach sogar zu der Überzeugung, dass sie die Tat begangen hat! Wer das Urteil des Arbeitsgericht Berlin (2 Ca 3632/08) liest, wird nachvollziehen können, dass hier richtig entschieden wurde. Der Arbeitgeber hat alle Hürden genommen. Das Gericht hat alle von der Rechtsprechung des BAG vorgegebenen Bedingungen gepürft, richtig gewichtet und dann folgerichtig entschieden.

Und noch etwas: Im Laufe des Verfahrens kam heraus, dass Frau E. schon 2007 einmal 3 Euro unterschlagen hat, indem sie Digit-Punkte 3 Mal über die Kasse gezogen hat. Es gab darüber hinaus eine Abmahnung im Jahr 2005 wegen einer Kundenbeschwerde. Außerdem hat Frau E. im laufenden Verfahren immer wieder betont, dass nach ihrer Ansicht eine Kündigung wegen des Diebstahls geringwertiger Sachen nicht rechtens sei. Damit zeigt sie, dass sie es in Ordnung findet, ihren Arbeitgeber um Kleinigkeiten zu beklauen. Solch eine Einstellung muss sich nun wirklich kein Arbeitgeber bieten lassen. Eine andere Geisteshaltung seitens der Klägerin wäre da klüger gewesen. Daher bin ich auch nicht der Ansicht, dass hier zwar rechtens aber nicht richtig entschieden worden sei, wie gestern Herr Kienzle bei J. B. Kerner anmerkte. Jemand, der das Eigentum seines Arbeitgebers nicht absolut respektiert, ist untragbar. Die Brücke zurück hat sich Frau E. damit abgeschnitten.

Außerdem gilt bei der Verdachtskündigung: Wenn sich später herausstellen sollte, dass der Verdacht sich nicht bewahrheitet, dass man also einem/einer Unschuldigen gekündigt hat, dann besteht ein Wiedereinstellungsanspruch für den Arbeitnehmer.

Fazit:

1. Jeder Fall ist ein Einzelfall und muss gesondert betrachtet werden. Einzelfälle eignen sich nicht zur Generalisierung. 2. Jeder Diebstahl ist todbringend für das Arbeitsverhältnis.

 

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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