20 Mai
2013

Fristlose Kündigung wegen Bedrohung des Chefs

„Ich hau Dir vor die Fresse, ich nehme es in Kauf, nach einer Schlägerei gekündigt zu werden, der kriegt von mir eine Schönheitsoperation, wenn ich danach die Kündigung kriege, ist mir das egal!“ (ArbG Mönchengladbach, 7.11.2012 – 6 Ca 1749/12; Berufung beim LAG Düsseldorf wurde durch Vergleich am 8.5.2013 beendet)

Den oben zitierten Satz hatte ein Arbeitnehmer eines Straßenbauunternehmens zu seinem direkten Vorgesetzten gesagt und daraufhin trotz 25-jähriger Betriebszugehörigkeit sofort die fristlose Kündigung bekommen. Bereits ein Jahr vorher war der Arbeitnehmer wegen einer ähnlichen Bedrohung seines damaligen Vorgesetzten (nicht identisch mit dem jetzigen) abgemahnt worden. Im weiteren Verlauf war es noch zu einer weiteren fristlosen Kündigung gekommen, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll. Der Arbeitnehmer hatte zu seiner Entschuldigung vorgetragen, dass sein Vorgesetzter ihn immer wieder massiv provoziert habe mit den Worten: „Du Muschi, hau mich doch, trau Dich, ich mach Euch alle fertig, Ihr seid ja so hässliche Vögel, sowas hab ich ja noch nie gesehen, Ihr faulen Säue, Ihr Looser, ich mach Euch alle fertig, ich krieg Euch alle“ (ArbG Mönchengladbach, 7.11.2012 – 6 Ca 1749/12; Berufung beim LAG Düsseldorf wurde durch Vergleich am 8.5.2013 beendet).

Das Arbeitsgericht hatte die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen. Es sah die fristlose Kündigung als wirksam an. Der Arbeitnehmer habe seinen Chef sowohl massiv bedroht „Ich hau Dir vor die Fresse“ als auch herabgewürdigt „Schönheitsoperation“. Diese Drohung sei zumindest teilweise strafrechtlich relevant. Der Arbeitgeber habe sich schützend vor seinen bedrohten Mitarbeiter stellen müssen. Es sei auch schon einmal wegen eines ähnlichen Vorfalls bei einem anderen Vorgesetzten abgemahnt worden. Das zeige, dass der Kläger grundsätzlich aggressiv sei und nicht nur bei dem jetzigen Vorgesetzten so reagiere. Der Kläger war beweispflichtig für eine eventuelle Rechtfertigung seines Verhaltens. Es konnte aber nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, dass der Vorgesetzte den Arbeitnehmer wirklich provoziert habe. Die Zeugenaussagen dazu waren teilweise widersprüchlich, teilweise unglaubwürdig.

Der Arbeitnehmer hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Am 8.5.2013 schlossen die Parteien einen Vergleich, bei dem das Arbeitsverhältnis gegen eine Zahlung von 3000 Euro Abfindung beendet wurde. Die niedrige Abfindungssumme (weniger als 1 Monatsgehalt bei 25 Jahren Betriebszugehörigkeit) zeigt, dass auch das LAG der Ansicht war, dass die Erfolgsaussichten des Arbeitnehmers sehr, sehr gering waren. Vermutlich hätte es das Urteil das Arbeitsgerichts bestätigt.

Der Fall zeigt, dass es auch in Branchen mit rauem Umgangston Grenzen gibt und dass man sich als Arbeitnehmer sehr gut überlegen sollte, was man wann zu wem sagt. Dies gilt insbesondere dann, wenn schon mal eine Abmahnung erteilt worden war. In dem Fall war es für den Kläger besonders bitter, denn auf sein Arbeitsverhältnis war der TVöD anwendbar. er wäre also ordentlich schon unkündbar gewesen. Ihn konnte nur noch das eigene Verhalten gefährden.

Das hat es ja dann auch ….

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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