12 Mai
2014

Entgeltfortzahlung: Kündigung aus Anlass einer Krankheit

Normalerweise endet der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung mit den Ende des Arbeitsverhältnisses. Das kann aber anders sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aus Anlass einer Krankheit gekündigt hat. Das Ganze nennt sich Anlasskündigung. Im Falle einer solchen Anlasskündigung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus – insgesamt bis zur Dauer von 6 Wochen. Das  LAG Schleswig-Holstein hat am 6.2.2014 (5 Sa 324/12) einen Fall dazu entschieden.

Eine Arbeitnehmerin war am 20.8.2012  bei einem Arbeitgeber in eine Anstellungsverhältnis eingetreten. Es war eine 6-monatige Probezeit vereinbart. Ab dem 27.8. war sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krank. Am 3.9.2012 bekam sie die Kündigung innerhalb der Probezeit zum 18.9.2012. Am 17.9.2012 wäre die Wartezeit nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz abgelaufen und  der Arbeitgeber hätte für sie zahlen müssen. Das hat er aber nicht getan. Nun klagte die Krankenkasse der Arbeitnehmerin gegen den Arbeitgeber. Die Kasse hatte nämlich die Frau während deren Krankheit bezahlt. Diese Zahlungen wollte die Kasse vom Arbeitgeber zurück haben. Sie berief sich auf § 8 Abs. 1 Satz 1 EntgeltFZG, in dem es heißt:

„Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.“

Der Arbeitgeber habe aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis gekündigt. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass man schon am 24.8.2012 zu dem Schluss gekommen sei, dass die Frau nicht auf die Stelle passe und dass man mit ihr nicht zufrieden sei und ihr deshalb kündigen werde. Die Am 27.8. eintretende Krankheit sei also nicht der Anlass für die Kündigung gewesen.

Das Arbeitsgericht und auch das LAG gaben der Arbeitnehmerin/Krankenkasse Recht. Sie sahen es als erwiesen an, dass die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit erfolgte. „Aus Anlass“ der Krankheit erfolgt eine Kündigung dann, wenn die Krankheit zwar nicht den einzigen aber den entscheidenden Anstoß für die Kündigung gab. Maßgeblich sind die objektiven Umstände, die der Arbeitnehmer bzw. die Krankenkasse beweisen muss. Jedoch gibt es Beweiserleichterungen, denn schon der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungserklärung gilt als Beweis des ersten Anscheins dafür, dass es sich um eine Anlasskündigung handelte.

Der Arbeitgeber hätte diesen Anscheinsbeweis, der im vorliegenden Fall vorlag, dadurch erschüttern müssen, dass er darlegt und beweist, dass die Krankheit eben nicht Anlass für die Kündigung war. Die Begründung des Arbeitgebers war für das Gericht nicht plausibel. Es führte aus, dass eine Probezeit von 6 Monaten eben der Erprobung diene und dass man nicht nach 4 Tagen wissen kann, dass die Arbeitnehmerin nichts taugt, wenn dann auch noch hinzu kommt, dass mit dem Ablauf der Kündigungsfrist eigentlich die Entgeltfortzahlungspflicht eingesetzt hätte. Das LAG hielt dem Arbeitgeber weiter vor, dass er, wenn sein Vortrag stimmt, schon am Montag, den 27.8. die Kündigung auf den Weg hätte bringen können. Man hat aber abgewartet und erst an dem Tag, an dem klar war, dass sie länger als über die Wartezeit des EntGFZG würde krank sein, gekündigt. Das passte alles nicht zur Begrünmdung des Arbeitgebers und er musste die rund 1.500 Euro an die Krankenkasse bezahlen.

FAZIT: Für Arbeitgeber, die wegen Krankheit kündigen wollen, lohnt sich eine Beratung hinsichtlich der ggf. finanziellen Folgen aufgrund der Entgeltfortzahlungspflicht bei der Anlasskündigung. Die Anlasskündigung spielt aber bei der krankheitsbedingten Kündigung häufig gar keine Rolle, weil der Arbeitnehmer, dem krabkheitsbedingt gekündigt wird oft schon lange keinen Entgeltfortzahlungsanspruch mehr hat sondern Krankengeld bezieht. Man muss als Arbeitgeber nur dann vorsichtig sein, wenn der Arbeitnehmer noch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat und ohne Kündigung auch hätte. In diesen Fällen sollte die Kündigung durch einen Anwalt geprüft werden.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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