29 Jul
2013

„Der stinkt mir!“ Einfach mal drauflos kündigen. Keine gute Idee

Sie sind Personalleiter in einem inhabergeführten mittelständischen Unternehmen, das mehrere Niederlassungen in ganz Deutschland betreibt. Sie schätzen Ihren Geschäftsführer, der gleichzeitig auch Inhaber des Unternehmens  ist. Der Mann ist gradlinig, ehrlich, zuverlässig –  eben ein Kaufmann vom alten Schrot und Korn. Er gibt gern aber er verlangt auch etwas dafür. Von seinen Mitarbeitern erwartet er Loyalität und gute Leistung für die wirklich gute Bezahlung. Der Chef lässt sich nicht lumpen und es ist für ihn selbstverständlich, dass es ihm gedankt wird.

Die Kehrseite dieser Medaille ist, dass man es sehr schnell mit ihm verscherzen kann, wenn man diese Werte nicht einhält. Verzeihen ist seine Sache nicht.

Nun stellen Sie sich weiter vor, dass Sie in Ihrem Unternehmen einen Niederlassungsleiter beschäftigen, der sich für einen echten Olympioniken hält. Dieser Niederlassungsleiter glaubt, er habe die Niederlassung erst zu dem gemacht, was sie ist und erwirtschafte große Profite. Leider ist dieses enorme Selbstbewusstsein mit einer dezenten Wahrnehmungsstörung gepaart. Fakt ist nämlich, dass die Zahlen mies sind und selbst von einer schwarzen Null nur geträumt werden kann. Sie wollen jedoch diesem Niederlassungsleiter noch eine Chance geben, denn eine unbestreitbare Fähigkeit hat dieser Mensch: Er kann Mitarbeiter begeistern und an sich binden. Er ist ein Ausbund an Charme. Vielleicht, so hoffen Sie, schafft man es ja doch noch in Richtung Gewinnzone. Man muss ihn nur ein bisschen lenken und seine Mitarbeiter folgen ihm dann.

Das ist Ihr Wunsch als Personalleiter. Der Plan scheint auch nachvollziehbar. Doch nun kommt Ihr Geschäftsführer ins Spiel. Er sagt dem Niederlassungsleiter offen und direkt seine Meinung zu den miesen Ergebnissen der Niederlassung. Dieser, das Selbstbewusstsein in Person, verbittet sich diese Kritik. Des Weiteren beginnt er, sich bei allen Mitarbeitern über den „großen Chef“ zu beschweren. Er beleidigt dabei nicht aber er verbreitet ziemlich schlechte Stimmung. Das alles bewegt sich in einer Grauzone, die Abmahnungen und Kündigungen nicht rechtfertigen würden. Sie überlegen noch, was zu tun ist, da platzt Ihrem Geschäftsführer der Kragen. Ihm reicht´s. Loyalität und Kritikfähigkeit geht anders. Er wirft den Niederlassungsleiter kurzerhand raus und stellt ihn unwiderruflich frei bis zum Ende der mehrmonatigen Kündigungsfrist.

Was machen Sie nun. Der geschasste Arbeitnehmer wird Klage erheben und seine Erfolgsaussichten sind bombig. Die Kündigung kam quasi „ex hohlo Baucho“ und war nicht vorbereitet. Jetzt wird´s teuer, denn Sie als beklagter Arbeitgeber haben schlechte Argumente. Sie können nur noch eine sehr hohe Abfindung zahlen oder die Kündigung zurücknehmen und den Mann weiter beschäftigen. Sie haben also die Wahl zwischen Pest und Cholera und werden sich wahrscheinlich für die hohe Abfindung entscheiden. Was können Sie in der Zukunft tun?

Ihr Chef ist zwar ein Mann mit Prinzipien aber er kann auch rechnen. Dass dieser Abgang aufgrund seines „Ausbruchs“ und seiner unüberlegten Kündigung sehr, sehr teuer war, weiß er. Sie brauchen ihm das nicht noch mal auf´s Brot schmieren. Sie können ihm aber sagen, dass man in Zukunft vor einer Kündigung überlegen sollte, ob man überhaupt einen vernünftigen Grund hat, der die Kündigung trägt. Maßstab ist hier das Kündigungsschutzgesetz. Und wenn Sie den nicht haben? Außer der fiesen Möglichkeit, „einen Grund zu suchen“, könnten Sie sich mit dem problematischen Niederlassungsleiter auseinandersetzen. Was kann der gut und wo braucht er Unterstützung? Eigentlich wollen sie den doch gar nicht loswerden. Personalsuche ist langwierig und teuer und er kennt das Unternehmen und seine Mitarbeiter liegen ihm zu Füßen. Das müssen Sie mit ihm herausarbeiten, ihrem Geschäftsführer klar machen und dann gemeinsam schauen, ob man das Arbeitsverhältnis nicht doch noch in ein gutes Fahrwasser bekommt. Eine Kündigung ist immer erst das letzte Mittel und muss gut vorbereitet werden. Sonst wird es teuer.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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