25 Jul
2013

Die Kündigungsschutzklage als einziges Mittel, um Ansprüche offen zu halten

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einer Entscheidung vom 16.5.2013 (10 Sa 39/13) deutlich gemacht, dass man als Arbeitnehmer nicht zwischen der Erhebung einer Kündigungsschutzklage und der Geltendmachung von Schadensersatz wählen kann.

Folgender Sachverhalt lag dem Gericht zur Entscheidung vor:

Die Klägerin hatte einen Arbeitsvertrag als Heim- und Verwaltungsleiterin mit dem Arbeitgeber, der mehrere Altenheime betrieb, geschlossen. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug 5.500 Euro. Ab 1.9.2011 sollte sie dort arbeiten. Für die ersten 6 Monate war eine Probezeit vereinbart. Die Klägerin war jedoch in der Zeit von Februar bis Ende August als freie Mitarbeiterin bei dem Arbeitgeber beschäftigt und im Anschluss daran begann das Arbeitsverhältnis.

Der Geschäftsführer des Arbeitgebers hatte der Arbeitnehmerin vor Abschluss des Arbeitsvertrages gesagt, dass er nie und nimmer von der Möglichkeit einer Probezeitkündigung Gebrauch machen würde. Darauf können sie sich unbedingt verlassen.

Doch was sind schon Worte, muss er sich gedacht haben und kündigte der Arbeitnehmerin am 9.2.2012 innerhalb der Probezeit zum 29.2.2012. Die Klägerin erhob GANZ BEWUSST KEINE Kündigungsschutzklage. Dies hätte sie innerhalb einer Frist von 3 Wochen, also bis spätestens  1. März 2012 machen müssen.

Sie dachte sich: „Ich mache lieber Schadensersatz geltend.“ Nach Ablauf der 3 Wochen erhob sich dann auch Klage beim Arbeitsgericht. Sie hatte 2 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wieder einen neuen Job gefunden und wollte nun die 2 Monate von ihrem früheren Arbeitgeber bezahlt bekommen. Als Schadensersatz machte sie weiterhin 1000 Euro für die Monate Mai und Juni 2011 geltend.

Das ist wirklich sehr bitter! Die Klägerin war schlecht oder gar nicht beraten. Sie verlor in beiden Instanzen, die Revision ist nicht zugelassen.

Das Landesarbeitsgericht hat ihr sehr deutlich gemacht, wie knallhart die Klagefrist des Kündigungsschutzgesetzes und die daraus folgende Konsequenz ist:

Wenn die Klagefrist verstreicht, dann gilt die Kündigung als wirksam. Das ergibt sich aus § 7 KSchG, in dem es heißt:

„Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.“

Damit konnte sie auch keine Schadensersatzansprüche mehr geltend machen, denn die gesetzliche Fiktion sagt: Die Kündigung ist wirksam und löst keine Schadensersatzpflicht aus.

Dabei hatte sie so gute Chancen: Das vorgeschaltete Verhältnis als „freie Mitarbeiterin“ war mit Sicherheit eine Scheinselbstständigkeit. Sie hatte also schon seit Februar 2011 ein Arbeitsverhältnis und somit auch gar keine Probezeit mehr und somit auch schon Kündigungsschutz, denn 6 Monate waren längts verstrichen. Neben einer längeren Kündigungsfrist brauchte der Arbeitgeber also einen Kündigungsgrund. Hinzu kommt, dass die Kündigung deshalb unwirksam gewesen wäre, weil der Arbeitgeber sich widersprüchlich verhalten hat. Erst sagt er: „Ich kündige Dir nie und nimmer in der Probezeit.“ und macht es dann.

Es ist zum in den Hintern beißen. Aber das ist der armen Frau bestimmt eine Lehre und kann zumindest dazu dienen, dass andere den selben Fehler nicht auch machen.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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