11 Mai
2011

Bonusvereinbarung durch schlüssiges Verhalten

von Dr. Sandra Flämig: Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Das Bundesarbeitsgericht hat im April 2010 (BAG 21.4.2010 – 10 – 10 AZR 163/09) ein bemerkenswertes Urteil zum Thema Bonusvereinbarung getroffen.

Einer einzelnen Arbeitnehmerin war über 7 Jahre hinweg in unterschiedlicher Höhe ein Bonus gezahlt worden. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht getroffen worden. Ein nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässiger Freiwilligkeitsvorbehalt sieht so aus:


„Die Leistung von zusätzlichen Gratifikationen erfolgt freiwillig und begründet daher keinen Rechtsanspruch für die Zukunft“

Das hatten die Parteien aber in ihrem Arbeitsvertrag nicht vereinbart und der Arbeitgeber hatte auch nicht jedes Mal bei Zahlung des Bonus unmissverständlich gesagt, dass es sich dabei um eine freiwillige Leistung handle, die keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründe.

Das war sein Pech. Das Arbeitsgericht und das LAG Baden-Württemberg hatten noch dem Arbeitgeber Recht gegeben. Die Vorinstanzen waren der Ansicht, es ergebe sich kein Anspruch aus betrieblicher Übung und auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das sah zwar auch das Bundesarbeitsgericht so, aber es attestierte den Vorinstanzen, dass sie zu kurz gesprungen waren. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung und aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz scheitert in der Tat daran, dass es sich um nur eine Arbeitnehmerin und nicht um eine Gruppe von Arbeitnehmern handelte.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch festgestellt, dass es sich bei der jahrelangen Zahlung der Boni ohne Freiwilligkeitsvorbehalt um ein konkludentes Angebot handele, einen Bonus zu zahlen. Dieses konkludente Angebot hat die Arbeitnehmerin durch ebenfalls konkludentes Verhalten angenommen. (Konkludentes Angebot bedeutet, dass der Arbeitgeber durch schlüssiges, auf einen entsprechenden Willen schließen lassendes, Verhalten gehandelt hat. Es wird wie ein mündliches/schriftliches Angebot behandelt. Gleiches gilt für die Annahme des Angebotes. Durch Angebot und Annahme kommt der Vertrag zustande.) Das Bundesarbeitsgericht ließ auch nicht den Einwand des Arbeitgebers gelten, dass er ja immer in unterschiedlicher Höhe gezahlt habe. Ein Bonus sei naturgemäß nicht immer gleich hoch, da er ja von dem Jahresergebnis der Firma bzw. des Mitarbeiters abhänge. Maßgeblich ist die Tatsache, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten deutlich gemacht hat, dass er überhaupt einen Bonus zahlen wollte.

Die Arbeitnehmerin bekam also Recht und ihren Bonus gezahlt.

Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie unbedingt auch bei Fällen, in denen der kollektive Bezug zu einer Gruppe von Arbeitnehmern fehlt, darauf achten müssen, dass sie gerichtsfeste Freiwilligkeitsklauseln vereinbaren.

Arbeitnehmer sollten sich nach diesem Urteil nicht mehr mit der fehlenden betrieblichen Übung abspeisen lassen, sondern anwaltlich prüfen lassen, ob vielleicht doch eine konkludenter Regelung zustande gekommen ist. Das gilt auch dann, wenn Freiwilligkeitsklauseln im Arbeitsvertrag stehen, denn die sind oft auch falsch formuliert und damit unwirksam.

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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